Worum geht es bei TiSA?

Das, was bisher über das Dienstleistungsabkommen TiSA bekannt wurde, ist ziemlich komplex. Die grüne EU-Abgeordnete Ska Keller erläutert hier die wichtigsten Punkte.

 

Dienstleistungsabkommen TiSA schränkt staatliche Handlungsfähigkeit ein

Die EU-Kommission verhandelt neben dem bekannten transatlantischen Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, auch über das weniger bekannte aber mindestens so kontroverse Abkommen über die Liberalisierung von Dienstleistungen, TiSA (Trade in Services Agreement). Die Verhandlungen sind von plurilateraler Natur. Für TiSA haben sich diejenigen Länder zusammengetan, deren Ökonomien stark auf Dienstleistungen und  Dienstleistungsexport ausgerichtet sind. Zusammen kontrollieren die 24 Verhandlungsparteien, wobei die Europäische Union als eine Partei angesehen wird,  ca. 70% des globalen Handels mit Dienstleistungen.
Hinter TiSA steht der Versuch, das Konsensprinzip der Welthandelsorganisation zu umgehen und neue Standards für den Welthandel mit Dienstleistungen zu schaffen – ohne daran alle Länder zu beteiligen. Es ist also bestenfalls ein wenig demokratischer Versuch, neue Dienstleistungsstandards zu schaffen. Im schlechtesten Fall jedoch wird mit TiSA durch die Hintertür eine Deregulierungs- und Liberalisierungswelle vollzogen und damit die Regelungshoheit staatlicher Akteure deutlich eingeschränkt.

Das TiSA-Abkommen soll Regelungen zu verschiedenen Dienstleistungsbereichen enthalten; zur Verhandlung stehen unter anderem Regelungen zum Marktzugang für ausländische Unternehmen, zu Transparenz von Gesetzgebungsverfahren, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, See und Straßenverkehr, zu nationalen Regelungen, zum elektronischem Handel und zu ArbeitnehmerInnenmigration. Das Abkommen ist weitreichend – und ebenso umfassend sollte auch seine Analyse sein. Doch das ist schwierig, denn die Kommission ist bei den Verhandlungen wenig transparent.

Was wir bisher über TiSA wissen steigert nur die Skepsis und die Befürchtung, dass TiSA staatliche Regelungsmöglichkeiten einschränken wird.

Öffentliche Dienstleistungen

Die EU-Kommission erklärt immer wieder, dass öffentliche Dienstleistungen von den TiSA-Verhandlungen ausgenommen sind. Doch die Argumentation ist wenig stichhaltig. Die Ausnahme soll im Abkommen mithilfe einer rechtlichen Formulierung erfolgen, welche der in den Verträgen der Welthandelsorganisation sehr ähnlich ist. Beim genauen Hinsehen zeigt sich, dass hierbei nur

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Fotogalerie MitMachTag 17. Oktober 2015

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Rund 3,3 Unterschriften für die Europäischen Bürgerinitiative, etwa eine Viertel Million TeilnehmerInnen auf der Berliner Demo gegen TTIP und CETA – das waren die Höhepunkte der letzten Wochen. Ist damit alles vorbei? Von wegen! An den Konstanzer MitMachTagen haben auch wir einen Infostand aufgebaut – und fotografiert, wer sich weiterhin gegen die geplanten Handelsabkommen TTIP, CETA und TiSA wehren wird …

Die Foto-Aktion wird fortgesetzt!

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„TTIP wird nie Realität“

„TTIP ist dem Untergang geweiht“, sagt der kanadische Ökonom und Handelsdiplomat Pierre Sauvé in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung Standard. Das Gespräch ist am 15. Oktober 2015 erschienen und wurde von Andras Szigetvari geführt.

 

STANDARD: Nach jahrelangem Stillstand wird plötzlich ein Freihandelsabkommen nach dem anderen verhandelt und abgeschlossen. Wie kommt das?

Sauvé: Es gibt nicht den einen Grund dafür, dass die Handelsdiplomatie so in Schwung gekommen ist. Hinter dem transatlantischen Abkommen TTIP, das meiner Meinung nach dem Untergang geweiht ist und nie Realität werden wird, steckt ein nostalgisches Bedürfnis. Die USA und Europa sehnen sich zurück in die Zeit, als alles, was man gemeinsam ausverhandelt hat, automatisch zur globalen Norm geworden ist. Jetzt fürchten beide, dass China zu viel mitmischt und selbst die Regeln macht. Deshalb versuchen sie mit TTIP den globalen Standard zu entwickeln. Ein anderer Grund ist, dass die Welthandelsorganisation WTO für ein bankrottes System steht.

STANDARD: Wie meinen Sie das?

Sauvé: Die WTO ist zu demokratisch. Jedes der 161 Mitgliedsländer muss zustimmen, wann immer ein neuer WTO-Vertrag ausgearbeitet wird. Nur klappt das nie, weil so unterschiedliche Länder wie die USA und Dschibuti in einem Raum sitzen. Deshalb wenden sich Staaten vom Multilateralismus ab. Gefragt sind regionale Abkommen, was logisch erscheint.

STANDARD: Warum?

Sauvé: Der Welthandel hat sich grundlegend verändert. Während früher vor allem mit Fertigprodukten gehandelt wurde, bestehen heute 70 Prozent des Welthandels aus der Verschiffung von Einzelteilen, Komponenten. Es haben sich regionale Wertschöpfungsketten gebildet, in Asien, Südamerika, Europa. Die Mercedes-Bosse fragen heute nicht mehr: Sollen wir ein Werk in Brasilien oder Malaysia bauen? Sie überlegen sich, ob sie Brasilien oder Argentinien nehmen. Diese Regionalisierung verlangt aber nach Regeln, nach Ordnung.

STANDARD: Ist das der Grund dafür, dass die USA soeben mit elf anderen Pazifikanrainerstaaten das bisher weltgrößte Freihandelsabkommen, TPP, geschlossen haben?

Sauvé: Das ist einer der Gründe. Das Pazifikabkommen ist der Versuch, die US-Wirtschaftsbeziehungen in der Region mit einem Schlag zu vertiefen. Die USA hatten bisher kein Freihandelsabkommen mit Japan, keines mit Malaysia und keines mit Vietnam. Das bekommen sie nun alles auf einmal. Damit wollen die Vereinigten Staaten zugleich Chinas Einfluss in diesen Ländern eindämmen, sie bauen einen wirtschaftlichen Schutzwall auf. Andere Länder wie Japan und Mexiko haben sich TPP nach Beginn der Verhandlungen angeschlossen, weil sie Angst bekommen haben, dass ihre Unternehmen außen vor bleiben. Da ist eine Karawane entstanden. Wobei es beim Pazifikabkommen noch einen interessanten Aspekt gibt.

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Diktatur des Kapitals

Zur zentralen Demonstration gegen TTIP und CETA am 10. Oktober in Berlin erschien in der Tageszeitung „Junge Welt“ folgender Beitrag, der manche Mythen korrigiert. 

Das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP ist entgegen den Behauptungen von seinen Segnungen vor allem eins: ein Angriff auf die letzten demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten gegen die uneingeschränkte Macht großer Unternehmen.

Von Ingar Solty

 

Redebedarf: Dass TTIP ein Trojanisches Pferd des US-Imperialismus zum Schaden »deutscher« Interessen sei, ist ein weitverbreiteter Mythos. Das Abkommen gereicht auch dem EU-, vor allem aber dem BRD-Kapital zum Vorteil (im Europaparlament, 7. Juli 2015) Foto: Vincent Kessler/Reuters

Über 50.000 Menschen aus allen Teilen der BRD werden heute zur Demonstration gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) und gegen das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) erwartet. Pünktlich kam dabei noch mal richtig Bewegung in die Kämpfe um diese von der EU mit den USA und Kanada seit 1990 anvisierten »Freihandelsabkommen«, die seit 2007 Gegenstand intensiver Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den Regierungen der USA und Kanadas sind und bald ratifiziert werden sollen. Für Aufmerksamkeit sorgte etwa, als Ende September der Staatssekretär im französischen Außenhandelsministerium Matthias Fekl – mit Verweis auf mangelnde Transparenz und Sorge um die französische Käseproduktion – mit dem Abbruch der Verhandlungen über TTIP drohte. Und während die von den Gewerkschaften, Öko- und Kleinbauernbündnissen, Sozialverbänden, entwicklungspolitischen NGO sowie Verbraucherschutzverbänden wie Foodwatch getragene, europaweite »Stop TTIP«-Kampagne schon am 6. Oktober weit mehr als drei Millionen Unterschriften gegen das geplante Abkommen präsentieren konnte, war einen Tag zuvor die »Transpazifische Partnerschaft« (TPP) zwischen den USA, Kanada, Mexiko, Peru, Chile, Australien, Neuseeland, Japan, Malaysia, Vietnam, Brunei und Singapur von den Regierungen dieser Staaten unterzeichnet worden. Dieses Freihandelsabkommen, das noch am Widerstand im US-Kongress scheitern könnte, wird dabei von Washington als das Kernstück der Handelsagenda im Rahmen ihrer neuen, exportorientierten Wachstums- und Wettbewerbsstrategie und dem geopolitischen »Schwenk nach Asien« angesehen und ist gewissermaßen mit TTIP verschwistert.

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„Stop TTIP“-Erfolg: 3.263.920 Unterschriften!

[Übernommen von der Webseite des Vereins Mehr Demokratie]

7. Oktober

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(„Stop TTIP“-Aktion gegen TTIP und CETA vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel. | Foto by Alexander Garrido Delgado | Lizenz: CC BY-SA 2.0)


Am 6. Oktober endete die „Stop TTIP“-Unterschriftensammlung: 3.263.920 Menschen haben binnen eines Jahres unsere selbstorganisierte EU-Bürgerinitiative (EBI) unterschrieben. Das sind dreimal so viele Unterstützer/innen, wie für eine offizielle EBI nötig sind. Das hat es zuvor noch nicht gegeben – gemeinsam haben wir einen Rekord aufgestellt! Heute überreichte unser über 500 Organisationen starkes Bündnis die Unterschriften gegen TTIP und CETA mit einer Aktion vor dem EU-Kommissionsgebäude in Brüssel. Unser großer Erfolg zeigt deutlich, wie stark der Widerstand gegen TTIP und CETA in ganz Europa ist.

Von Charlie Rutz

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(„Stop TTIP“-Aktion gegen TTIP und CETA vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel. | Foto by Alexander Garrido Delgado | Lizenz: CC BY-SA 2.0)

„Stop TTIP“-Aktive aus ganz Europa haben in Brüssel mit einer Aktion vor dem Gebäude der EU-Kommission symbolisch 3.263.920 Unterschriften eingereicht. Sie warfen Unterschriftenbündel in die Schale einer riesigen Waage – bis die Bürgerstimmen das Gewicht der Säcke mit Konzerninteressen in der anderen Waagschale übertrafen. „Wir sind das Zünglein an der Waage“, so das Motto der Übergabe-Aktion. Nochmals fordern wir die EU-Kommission auf, den Protest gegen die Handelsabkommen endlich zu hören. Die Verhandlungen mit den USA zu TTIP müssen abgebrochen, CETA darf nicht abgeschlossen werden!

(Video aus Brüssel mit Mehr Demokratie-Bundesvorstandssprecher Dr. Michael Efler; links im Bild – mit Schild – Hans Resch aus Wahlwies)

„Der Widerstand gegen TTIP und CETA nimmt Dimensionen an, die Entscheidungsträger/innen in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene nicht mehr ignorieren können“, sagte unser Bundesvorstandssprecher Dr. Michael Efler, der vor Ort in Brüssel an der Aktion teilnahm.

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(„Stop TTIP“-Aktion gegen TTIP und CETA vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel. | Foto by Alexander Garrido Delgado | Lizenz: CC BY-SA 2.0)

„Wir haben in genau einem Jahr dreimal so viele Unterstützerinnen und Unterstützer aus ganz Europa hinter uns vereint wie für eine offizielle EBI nötig. Wir haben die Unterschriftenhürde in 23 statt in sieben Ländern übersprungen, mehr als 500 Organisationen europaweit stehen hinter Stop TTIP“, ergänzt Susan George vom „Stop TTIP“-Bürgerausschuss.

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taz: Freihandel zwingt zur Flucht

Am 22. September hatten wir eine Veranstaltung zum Thema „Die Macht der Konzerne, TTIP und die Flüchtlingskrise“ organisiert. Zum Vortrag von Jochen Kelter im K9 kamen rund 130 BesucherInnen.

Zum selben Thema erschien am vergangenen Samstag in der taz folgender Beitrag der Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann:

 

Freihandel zwingt zur Flucht

Wer künftige Flüchtlingskrisen vermeiden will, muss TTIP verhindern. Stattdessen benötigt die Welt eine neue Form des Protektionismus.

Von Ulrike Herrmann

Die Flüchtlingskrise und das Freihandelsabkommen TTIP scheinen nichts miteinander zu tun zu haben. Aber das ist nur der erste Blick. Der Freihandel lässt die Schwellen- und Entwicklungsländer verarmen und kostet manchmal auch Leben.

Natürlich sind die Zusammenhänge nicht so platt, dass jede Flucht ökonomische Gründe hätte. Die Syrer wollen Assad und dem „Islamischen Staat“ entkommen, sie fliehen vor Fassbomben und Granatsplittern. Aber es sind längst nicht nur Kriegsflüchtlinge nach Europa unterwegs. Viele Menschen verlassen ihr Land, weil sie keine Perspektive sehen.

Seitdem fast eine Million Flüchtlinge die deutsche Grenze erreicht haben, ist es modern, ihnen zu versprechen, „ihre Lebenschancen in der Heimat zu verbessern“ (Merkel). Diese Idee ist richtig, bleibt aber vage. Daher zwei Vorschläge: Die Freihandelsabkommen mit ärmeren Ländern werden ausgesetzt – und Steueroasen sofort geschlossen.

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Steigt Frankreich aus?

In der Tageszeitung Die Welt erschien am 28.09.15 folgender Artikel:

Freihandel

Frankreich droht mit Abbruch der TTIP-Gespräche

Der Widerstand gegen das Freihandelsabkommen mit den USA ist gewaltig. Nun droht Frankreich mit Verhandlungsabbruch. Voran prescht ausgerechnet der deutschstämmige Staatssekretär der Regierung.

Von 

Der Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) ist riesig. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hält trotzdem an dem geplanten Handelsvertrag fest. Denn die Bundesrepublik wäre nicht nur wirtschaftlich der größte Profiteur. Gabriel ist auch überzeugt: TTIP bietet Europa die vielleicht letzte Möglichkeit, selbst die Globalisierung zu gestalten, bevor es andere tun.

Doch das geplante Abkommen mit den USA gerät immer mehr unter Beschuss. Zuerst in der deutschen Bevölkerung, und nun auch von hochoffizieller Seite. Als erstes EU-Mitgliedsland droht Frankreich offen mit dem Abbruch der Gespräche. „Wenn sich in den Verhandlungen nicht grundlegend etwas ändert, werden wir daraus die Konsequenzen ziehen“, sagte der für TTIP zuständige französische Staatssekretär, Matthias Fekl, vor Journalisten in Berlin. Heißt: „Wenn sich nichts verändert, wird Frankreich auf einen Abbruch der Gespräche drängen.“ Spätestens nach den nächsten Verhandlungsrunde Mitte Oktober in Miami werde Frankreich eine Entscheidung treffen, sagte Fekl.

Der deutschstämmige Staatssekretär ließ bei seinem Besuch in Berlin mächtig Dampf ab. Europa mache ständig neue Vorschläge, sei bereit, in den TTIP-Verhandlungen auch über sensible Themen zu reden. „Doch auf der US-Seite bewegt sich nichts“, sagte Fekl.

Die Welt soll sich öffnen, aber die USA bleibt verschlossen

Ob beim Thema Dienstleistungen, Agrarwirtschaft oder Marktöffnung auf kommunaler Ebene – die USA seien nicht bereit, ihrerseits Zugeständnisse zu machen. „Die USA wollen die Welt liberalisieren. Nur bei sich selbst wollen sie so wenig Liberalisierung wie möglich“, klagte Fekl.

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