CETA vor Gericht?

Eine Meldung der Tagesschau vom 22. November:

Kurz nach der Unterschrift durch die EU und Kanada könnte das Freihandelsabkommen CETA erneut ins Stocken geraten. Fast 90 Europaabgeordnete fordern, das Abkommen dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorzulegen.

Von Sebastian Schöbel, ARD-Studio Brüssel

Dass es um CETA nicht ruhig werden würde, nachdem die EU und Kanada das Abkommen – mit ein paar Tagen Verzögerung – unterschrieben hatten, war klar: Derzeit liegt das mehrere hundert Seite starke Dokument im EU-Parlament. Nur wenn Europas Volksverteter dem Vertrag ebenfalls zustimmen, könnte CETA vorläufig in Kraft treten.

Doch unter den Abgeordneten regt sich Widerstand: Vor allem beim neuen Handelsgerichtshof für Konzernklagen gegen Staaten, der durch CETA geschaffen werden soll, gibt es Bedenken. Das sei eine Paralleljustiz für Unternehmen, erklärt die Grünen-Abgeordnete Ska Keller. „Andere Abgeordnete sehen das genauso, deswegen gibt es hier eine fraktionsübergreifende Initiative, CETA vor den EuGH zu bringen“, sagt sie.

Fast 90 Europaabgeordnete haben gemeinsam einen Antrag gestellt: Sie wollen vom Europäischen Gerichtshof geklärt haben, ob CETA mit den EU-Verträgen vereinbar ist. „Wenn es das nicht ist, fällt es uns hinterher auf die Füße. Deswegen wäre es gut, das vorher zu klären“, findet Keller. Diese juristische Prüfung ist eigentlich schon beschlossene Sache: Die Regionalregierung der Wallonie in Belgien hatte genau das zur Bedingung gemacht, bevor sie Ende Oktober dem CETA-Vertrag nach harten Verhandlungen zugestimmt hat.

Doch den CETA-kritischen EU-Parlamentariern reicht das nicht. Sie befürchten, dass die belgische Regierung abwartet, wie der EuGH im Fall des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Singapur entscheidet. Für Ska Keller ist das aber ein ganz anderer Fall: „Da geht es um die Frage der Kompetenzen, nicht um die Frage der Vereinbarkeit mit den EU-Verträgen.“ Sprich: Durch den Antrag soll CETA grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt werden, keine Details geklärt werden.

Daniel Caspary von der CDU hat da jedoch erhebliche Zweifel. „Das ist ein sehr durchsichtiges Manöver. Den 89 Abgeordneten geht es nicht um Prüfung, denen geht es um Zerstören und Verhindern. Und das werden wir nicht zulassen“, kündigt er an. Caspary ist, genauso wie seine Fraktionskollegen von den Christdemokraten, überzeugter CETA-Befürworter: Das Abkommen sei gut. Es definiere internationale Handelsstandards im Sinne der Europäer, statt das Feld anderen Ländern wie China zu überlassen. Zudem habe der juristische Dienst des EU-Parlaments CETA für unbedenklich erklärt, so Caspary.

Der nun vorliegende Antrag hätte unmittelbare Folgen. „Das würde bedeuten, dass wir so lange, wie der EuGH prüft, über CETA nicht abstimmen dürfen. Dass wir das Abkommen nicht vorläufig in Kraft setzen können. Das ist eine Verzögerung von ungefähr zwei Jahren“, sagt Caspary.

Noch ist unklar, ob es eine Mehrheit im EU-Parlament dafür gibt, CETA eine Extra-Schleife durch das höchste EU-Gericht ziehen zu lassen. Die Abstimmung ist für Mittwoch geplant.