Japan-EU: Jetzt kommt JEFTA!

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Die EU und Japan sind bei ihren Verhandlungen über ein japanisch-europäisches Freihandelsabkommen (Jefta) schon weit gekommen. Es ist in vielerlei Hinsicht schlechter als CETA. Das zeigt ein Bericht der Tageszeitung taz:

Das geplante Abkommen wiederholt viele Fehler alter Verträge. Es fällt dabei hinter die Zugeständnisse zurück, die bei Ceta erkämpft wurden.

BERLIN taz | Die Abkürzungen TTIP und Ceta kennt die Öffentlichkeit allmählich. Doch von „Jefta“ dürfte bisher kaum jemand gehört haben. Dabei wird auch über das „Japan-EU-Free-Trade-Agreement“ seit Jahren verhandelt – und die Probleme, die dadurch drohen, stehen den umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta) um nichts nach.

Offizielle Informationen, worauf sich die Delegationen aus der EU und Japan in den bisher 17 Verhandlungsrunden schon geeinigt haben, gibt es nicht. Sigmar Gabriel hatte zwar als Wirtschaftsminister die „Geheimverhandlungen“ über TTIP und Ceta kritisiert und erklärt: „So kann man natürlich mit einer informierten Öffentlichkeit nicht umgehen.“ Doch auch bei diesen Verhandlungen sind die Dokumente geheim. Aus dem deutschen Wirtschaftsministerium heißt es dazu, man sei zwar „auf möglichst hohe Transparenz bedacht“, aber die Zuständigkeit sei leider „bei der EU-Kommission angesiedelt“.

Doch der taz liegen jetzt als bisher einzigem deutschen Medium Unterlagen vor, die die EU-Kommission den Mitgliedstaaten unter strengen Vertraulichkeitsauflagen zur Verfügung stellt. Diese belegen, dass auch die inhaltlichen Zusagen der Vergangenheit offenbar nicht eingehalten werden.

Denn für das Ceta-Abkommen mit Kanada hatten EU und Bundesregierung stets mit dem Argument geworben, damit werde ein neuer „Goldstandard“ für künftige Handelsabkommen etabliert, hinter den man nicht mehr zurückfallen werde. Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte das am Montag noch einmal. „Grundsätzlich gilt, dass die hohen Standards, die wir bei Ceta verankern konnten, Grundlage für alle weiteren Abkommen sind“, sagte Ministeriumssprecher Andreas Audretsch der taz. „Das gilt selbstverständlich auch für die Verhandlungen mit Japan.“

Nun sind die Verbesserungen, die bei Ceta erreicht wurden, nach Ansicht vieler Kritiker keineswegs ausreichend; ob das Abkommen in allen nationalen Parlamenten eine Mehrheit bekommt, ist nach wie vor offen. Doch selbst hinter diesen Standard fallen die bisherigen Verhandlungsergebnisse mit Japan teilweise zurück.

Besonders umstritten war etwa die sogenannte regulatorische Zusammenarbeit – ein Verfahren, das Wirtschaftsvertretern eine frühzeitige und enge Einbindung in geplante Gesetzesvorhaben garantiert und damit ein neues, effektives Einfallstor für Lobbyisten schafft. Bei Ceta war nach heftiger Kritik eingefügt worden, dass die regulatorische Zusammenarbeit nur „auf freiwilliger Basis“ stattfindet und jederzeit einseitig beendet werden kann.

Im konsolidierten Text des entsprechenden Kapitels im EU-Japan-Abkommen von Februar 2017 findet sich solche Einschränkung hingegen nicht. „Die geplante regulatorische Zusammenarbeit in dem Abkommen mit Japan ist noch schlimmer als in Ceta“, folgert Alessa Hartmann von der freihandelskritischen Organisation Powershift, die den Text bereits analysiert hat.

Ebenfalls heftig umstritten war in den bisherigen Abkommen der Schutz von ausländischen Investoren. Ihnen wird in vielen bestehenden Handelsabkommen das Recht eingeräumt, gegen politische Entscheidungen, die ihre Gewinne mindern, vor speziellen Schiedsgerichten zu klagen. Bei Ceta war – vor allem auf Druck der deutschen Sozialdemokraten – erstmals durchgesetzt worden, dass solche Verfahren nicht von beliebigen Wirtschaftsanwälten geleitet werden, sondern dass die Juristen öffentlich bestellt werden, die Verfahren transparent sind und eine Revision möglich ist.

Zwei gegensätzliche Vorschläge

Ob die EU dieses Verfahren auch gegenüber Japan durchsetzen kann, ist fraglich. Bisher gibt es für diesen Teil des Vertrags nur zwei gegensätzliche Vorschläge. Japan will am alten System privater und intransparenter Schiedsgerichte festhalten; die EU hat einen Text eingebracht, der sich am öffentlichen Ceta-Verfahren orientiert.

Das war allerdings schon in der 14. Verhandlungsrunde im Dezember 2015. Seitdem herrscht offenbar Stillstand bei dieser zentralen Frage. Die EU-Kommission gibt sich dennoch zuversichtlich. „Unser Ziel ist es, Japan die Vorteile unseres reformierten Ansatzes zu erklären“, sagte Kommissionssprecher Reinhard Hönighaus der taz. „Wir hoffen, bald eine Einigung zu erzielen.“

In anderen Aspekten des Investitionsschutzes besteht bereits Einigkeit. Doch auch dort fällt Jefta hinter Ceta zurück. So war im Abkommen mit Kanada zwar an der sehr breit interpretierbaren Formulierung festgehalten worden, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zu „gerechter und billiger Behandlung“ („fair and equitable treatment“) eine Klage der Investoren ermöglicht. Allerdings war durch eine Reihe von Aussagen erläutert worden, was darunter zu verstehen ist – und es war eine regelmäßige Überprüfung vereinbart worden, wie diese Regel genutzt wird.

Im Entwurf des EU-Japan-Vertrags findet sich keine solche Überprüfung. Und die klarstellenden Erläuterungen fallen weniger streng aus: Während bei Ceta eine „gezielte Diskriminierung“ aus unrechtmäßigen Gründen verboten ist, fehlt bei Jefta das Wort „gezielt“. Nach Einschätzung von ExpterInnen wären Klagen damit leichter möglich. Alessa Hartmann sieht die neuen Rechte der Investoren generell kritisch. „Mit dem geplanten Abkommen werden die Klagerechte für japanische Konzerne dramatisch ausgeweitet“, sagt sie. „Bei einer Wirtschaftsmacht, die dreimal größer ist als die kanadische, ist das eine erschreckende Perspektive.“

Ob und wann es dazu kommt, ist offen. Das liegt nicht etwa an öffentlichen Protesten; die Öffentlichkeit hat das Abkommen mit Japan bisher kaum auf dem Schirm. Haupthemmnis für Fortschritte sind derzeit Sorgen japanischer Bauern vor der Übermacht der EU-Agrarwirtschaft.

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Gegen das Abkommen, dessen Grundzüge jetzt gelenkt wurden, gibt es erheblichen Widerstand. So hat bereits eine ganze Reihe von japanischen und europäischen NGOs folgende Stellungnahme publiziert:

Secretive EU-Japan trade deal to be finalised away from public eye

March 21, 2017 Brussels/Tokyo
Joint civil society statement on the Eu-Japan free trade agreement

We, the undersigned civil society organisations from Japan and Europe, hereby express our deep concern about the EU-Japan Deep and Comprehensive Free Trade Agreement (JEFTA).

In the EU and Japan, the lack of public scrutiny and accountability of trade deals is fuelling public distrust.

Yet since March 2013, the European Union and the Japanese government have been negotiating a deep and comprehensive trade agreement which would cover a third of the world’s GDP. The 18th round of negotiations took place in Tokyo in December 2016, and whilst the negotiations might come to a close soon, on the EU side, the mandate given to the negotiators is still not public, and on the Japanese side, secrecy is total.

Little is known, despite the many legitimate concerns raised by civil society organisations and trade unions. Based on the very shallow information included in the EU summary of the negotiations, the deal could lead to the privatisation of public services; grant foreign investors special privileges to sue states in a parallel justice system; hurt small-scale farmers; negatively impact fundamental rights, such as the right to privacy and data protection; limit the EU’s and Japan’s ability to roll back excessive intellectual property rights; and put additional burdens on regulators, strengthening the role of corporate lobbyists in the policy-making process.

Neither most parliamentarians in EU member states and in Japan, nor European and Japanese civil society organisations and trade unions know the content of the discussions. Nor have they seen draft chapters or been consulted. We condemn this opacity.

Today extended sections of civil society have united to denounce the disastrous impacts of trade and investment agreements on workers, public health, democracy, public services, and the environment. Never before have so many diverse organisations come together across the globe to denounce the toxicity and secrecy of trade deals such as TPP, TTIP, CETA, TiSA, and RCEP.

To regain the trust of European and Japanese farmers, citizens and workers, the undersigned organisations thus call on the European Commission and the Japanese government to disclose the mandate of their trade negotiations, to publish all draft consolidated negotiation texts, and to ensure that the EU-Japan FTA puts protections for the people and the environment first and foremost, above privileges for multinational corporations.

Signatories

Advocacy and Monitoring Network on Sustainable Development (Amnet): AMネット, Japan

AITEC, France

ALEBA Luxembourg, Luxembourg

Attac Austria, Austria

Attac Finland, Finland

Attac France, France

Attac Ireland, Ireland

Both Ends, Netherlands

Confédération Paysanne, France

Corporate Europe Observatory, Belgium

CRASH – Coalition for Research and Action for Social Justice and Human Dignity, Finland

DIEM25 Finland, Finland

Ecologistas en Acción, Spain

Emmaus Aurinkotehdas ry, Finland

Entrepueblos/entrepobles/entrepobos/herriarte, Spain

Food & Water Europe, Belgium

Friends of the Landless, Finland

Government: 市民と政府のTPP意見交換会・全国実行委員会, Japan

Greenpeace, International

Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung Erzdiözese Wien, Austria

Les Amis de la Terre, France

MAMADEMO (The  group to lift up  voices of young mothers): ママデモ, Japan

Milieudefensie, Netherlands

Mouvement Ecologique, Luxembourg

National Committee for the Dialogue on TPP between Citizens and the Government, Japan

Natur&Umwelt a.s.b.l., Luxembourg

New Wind Association, Finland

Pacific Asia Resource Center (PARC), Japan

People’s Action against TPP: TPPに反対する人々の運動, Japan

PowerShift e.V, Germany

Seattle to Brussels Network, Europe

Stop TAFTA Luxembourg, Luxembourg

STOP TPP Action in KANSAI: STOP! TPP緊急行動・関西, Japan

TPP Citizen Coalition: TPPを考える市民の会, Japan

TPP Osaka Network for Citizens: ほんまにええの?TPP大阪ネットワ-ク, Japan

Transnational Institute (TNI), Netherlands

TTIP Network Finland, Finland

Umanotera, Slovenia

War on Want, United Kingdom