CETA-Faktencheck: Das sagen die Parteien

 

ceta-landtag-protest-kiel-1030x541

Seit Monaten läuft in Schleswig-Holstein eine Volksinitiative, mit der der Landtag aufgefordert wird, sich bei der Landesregierung für eine Ablehnung des CETA-Abkommens einzusetzen. Die Initiative SH stoppt CETA will damit erreichen, dass das Land Schleswig-Holstein im Bundesrat gegen CETA stimmt. In den letzten Tagen hat die Initiative zusammen gestellt, welche Positionen die Parteien im Wahlkampf vertreten. Hier ihre Analyse:

Wie ist die Position der Parteien in Schleswig-Holstein zu CETA? Wir haben in den Wahlprogrammen nachgeschaut und die Ergebnisse für Euch zusammengefasst.

SSW: CETA erfüllt Anforderungen nicht

Beim Blick in das Wahlprogramm des SSW haben wir eine positive Überraschung erlebt. Wohl auch aufgrund des Protests vieler Bürger/innen hat der SSW klar Position gegen CETA bezogen.

„Das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) ist durch den öffentlichen Druck der Bürgerinnen und Bürger sowie der Nichtregierungsorganisationen, inhaltlich verbessert worden. Die aktuell vorliegende Fassung des Abkommens mit den 39 beschlossenen Zusatz- bzw. Auslegungserklärungen ändern aber nichts daran, dass z.B. bei der öffentlichen Auftragsvergabe, im Arbeitnehmerbereich und bei dem in Europa geltenden Vorsorgeprinzip des Verbraucherschutzes viele kritische Punkte nach wie vor unberücksichtigt geblieben sind. Wir fordern im Einklang mit den Gewerkschaften: Die öffentliche Daseinsvorsorge muss komplett aus dem Abkommen heraus genommen werden! – Wenn dies alles nicht geschieht (und alles deutet darauf hin) erfüllt CETA unsere Anforderungen an ein faires Handelsabkommen nicht.“ (Wahlprogramm S. 27)

An dieses Versprechen werden wir den SSW bei Gelegenheit erinnern! Bezüglich der erwähnten „Verbesserungen“ bei CETA sei angemerkt, dass die wichtigsten Kritikpunkte bestehen bleiben. So ist etwa nach wie vor eine Paralleljustiz für Investoren in CETA enthalten.

Mit Kritik an CETA sparte auch nicht der Spitzenkandidat der SSW. In einer Landtagsrede sagte Lars Harms noch im Januar:

„Zwar ist die Daseinsvorsorge aus dem Abkommen ausgenommen, wenn die Staaten diese selbst erledigen. Das sieht eine Liste in Anlage 2 zum Abkommen so vor. Aber diese so genannte Negativliste, schließt nicht aus, dass doch noch einmal ein Bereich vom Abkommen umfasst wird, von dem wir heute noch gar nicht wissen, dass dieser einmal zur Daseinsvorsorge zählen wird.“

Grüne: CETA nicht zustimmen

Im Wahlprogramm der Grünen beschäftigt sich ein ganzer Abschnitt mit den Handelsabkommen TTIP und CETA. Insbesondere die Bedeutung von fairen Handelsbeziehungen auf globaler Ebene sowie die Notwendigkeit transparenter Verhandlungen wird betont.

„Trotz kleiner Verbesserungen im Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada erfüllt das CETA-Abkommen unsere Kriterien für ein faires Handelsabkommen nicht. Wir unterstützen die Volksinitiative „Schleswig-Holstein stoppt CETA“, die unsere Landesregierung auffordert, dieses schädliche Handelsabkommen im Bundesrat abzulehnen.

Eine Landesregierung, an der wir beteiligt sind, wird CETA im Bundesrat nicht zustimmen können.“ (Wahlprogramm S. 68)

Wir bauen darauf, dass diese Forderung im Wahlprogramm im Falle einer Regierungsbeteiligung in die Tat umgesetzt wird.

Übrigens: Die Grünen Schleswig-Holstein unterstützen von Anfang an unsere Volksinitiative gegen CETA.

Piraten: Notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht

Die Piraten lehnen CETA ebenso wie TTIP ab. Als Grund nennen sie vor allem die intransparenten und undemokratischen Verhandlungsprozesse. Darüber hinaus zählen sie eine ganze Reihe von Bedrohungen durch CETA und TTIP auf:

“Diese Abkommen sollen Sonderrechte und Sondergerichte für Konzerne schaffen und die Entscheidungsspielräume unserer demokratisch gewählter Parlamente und Kommunalvertretungen beschneiden. Sie bedrohen Verbraucherschutz, Datenschutz, Umweltschutz, Daseinsvorsorge, Sozialstandards und demokratische Grundrechte. Falls nötig wollen wir, dass Schleswig-Holstein gegen einen Beitritt vor das Bundesverfassungsgericht zieht.“ (Wahlprogramm S. 68)

Eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde von Vertretern der Zivilgesellschaft ist derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig. Ein Ergebnis steht noch aus. Die Klage wurde von mehr als 100.000 Bürger/innen aus ganz Deutschland unterstützt.

Übrigens: Die Piraten Schleswig-Holstein unterstützen von Anfang an unsere Volksinitiative gegen CETA.

ceta-kiel-protest-bürger

Linke: CETA bedroht Rekommunalisierung

Im Wahlprogramm der Linken Schleswig-Holstein finden sich ebenfalls klare Worte zu CETA. Vor allem die Risiken bei der Rekommunalisierung werden hervorgehoben.

„Über allen Initiativen zur Rekommunalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge schweben die Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) sowie das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (TISA) wie ein Damoklesschwert. Sie sind dazu gedacht, großen Konzernen Handlungsspielräume zu geben, die durch die Politik nicht mehr kontrolliert werden können. Dazu gehört auch der Zugriff auf die Daseinsvorsorge der Bevölkerung. DIE LINKE beteiligt sich an den Aktionen gegen die Durchsetzung von TTIP, CETA und TISA. Ebenso wenden wir uns gegen die bereits bestehenden unfairen Handelsabkommen mit Schwellen- und Entwicklungsländern, die dort den ökonomischen, demokratischen und sozialen Fortschritt behindern.“ (Wahlprogramm S. 35)

Die dramatischen Folgen von Handelsabkommen für Schwellen- und Entwicklungsländer hat Andreas Meyer von Attac Kiel erst kürzlich in einem Gastbeitrag bei uns im Blog erörtert. Mit TiSA hat die Linke ein anstehendes Abkommen im Wahlprogramm erwähnt, welches in Zukunft noch ein großes Thema in der Bundespolitik werden könnte. TiSA befindet sich derzeit (noch) im Verhandlungsprozess.

Übrigens: Die Linke Schleswig-Holstein unterstützen von Anfang an unsere Volksinitiative gegen CETA.

Kein Wort zu CETA bei SPD + CDU + FDP

Sowohl bei SPD, CDU als auch FDP fand sich kein Wort zu CETA im Wahlprogramm. Das hat uns überrascht. Denn schließlich hatte die FDP im Landtag erst kürzlich einen Antrag FÜR die Unterstützung CETAs eingebracht, der auch von der CDU unterstützt worden ist. Warum Sie das Thema allerdings nicht im Wahlprogramm aufgreifen ist rätselhaft. Vielleicht, weil dies für viele Wähler/innen ein Ausschlusskriterium bei der Wahl ist?

Und wie steht es um die SPD? Ginge es nach den einst festgelegten „Roten Linien“ der SPD, müsste CETA eigentlich abgelehnt werden. Die SPD-Grundwertekommission übte starke Kritik an dem Abkommen. Doch unter Sigmar Gabriel tat die Bundes-SPD einfach so, als wäre der Anforderungskatalog erfüllt. Und das, obwohl zahlreiche SPDler dem widersprachen. Vor allem die Ablehnung CETAs durch große Gewerkschaften wie den DGB oder ver.di hat viele SPDler nachdenklich gestimmt. Bei der Abstimmung zu CETA im EU-Parlament am 15. Februar 2017 stimmten 5 SPD-Abgeordnete gegen CETA. Dass die SPD CETA daher nicht ins Wahlprogramm aufgenommen hat, ist kein Wunder: Das Thema ist unter den eigenen Wähler/innen und Mitgliedern hoch umstritten.

ceta-protest-kiel-schulz-martin

So geht’s weiter

CETA muss noch durch den Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden, bevor das Abkommen vollständig in Kraft tritt. Wenn CETA als Einspruchsgesetz behandelt werden würde – was unwahrscheinlich ist -, könnte eine Enthaltung der Landesregierung wie ein „Ja“ zu CETA wirken. Allerdings könnte bei einem Einspruchsgesetz der Bundesrat von der absoluten Mehrheit des Bundestags überstimmt werden. CETA wäre damit deutlich schwerer zu verhindern. Doch wenn CETA wie erwartet im Bundesrat als Zustimmungsgesetz behandelt wird, könnten die Bundesländer das Abkommen vom Tisch fegen. Selbst eine Enthaltung der Landesregierung Schleswig-Holstein bei der Bundesratsabstimmung würde dann wie ein „Nein“ wirken.

Bereits am 7. Mai wird in Schleswig-Holstein gewählt. Der Wahlsonntag markiert zugleich auch den Einsendeschluss für die Unterschriftensammlung der Volksinitiative. Wenn der zukünftige Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung eine klare Ablehnung von CETA im Bundesrat festlegt, wäre dies eine großer Gewinn. Ein Grund mehr für die Volksinitiative dran zu bleiben und Druck zu machen. Sind Sie dabei?