Die Grünen stellen kritische Fragen. Aber es sind nicht die deutschen Grünen – sondern die österreichischen. Und darüber berichtet nicht etwa eines linkes Organ, sondern die christsoziale Tageszeitung Volksblatt.
Zuletzt ist es stillgeworden rund um Freihandelsabkommen, die die EU schon demnächst abschließen könnte. Die Grünen bringen nun das geplante Dienstleistungsabkommen TiSA (Trade in Service Agreement) wieder aufs Tapet. Bei einer Umsetzung drohten negative Folgen für den öffentlichen Dienstleistungssektor in Österreich. Die Grünen fordern die Bundesregierung auf, „endlich ordentlich zu informieren“.
„Die Bundesregierung informiert nicht, viel schlimmer: sie verschleiert“, wirft die Grüne Europaparlamentarierin Monika Vana vor allem der aktuellen, aber auch der Vorgängerregierung vor. „Die neue Regierung soll klarmachen, ob und welche Ausnahmen sie für Österreich in die Verhandlungen eingebracht hat.“ Offenbar gebe es aber keine geforderten Ausnahmen, kritisieren die Grünen, die sich gegen TiSA aussprechen. Grundsätzlich müsse auch der Hauptausschuss des Nationalrats mit der Materie befasst werden.
Schließlich drohten „durch TiSA negative Auswirkungen auf den gesamten öffentlichen Dienstleistungssektor“. Die Pläne böten „einige Hämmer“. Auch wenn die „Geheimverhandlungen“ derzeit ruhen: „Mit dem Abschluss von TiSA kann es am Ende sehr rasch gehen“, sagte die Grün-Mandatarin im Gespräch mit der APA.
Die einzige geplante allgemeine Ausschlussklausel zur hoheitlichen Gewalt habe „in der Praxis kaum Relevanz“, so Vana. Nicht angewendet würde TiSA laut Vana lediglich in der öffentlichen Verwaltung, Landesverteidigung und Sozialversicherung. Im weiteren Sinne könnten knapp 750.000 Beschäftigte in Österreich, davon rund drei Viertel Frauen, von TiSA-Liberalisierungen betroffen sein. „Umso bedauerlicher ist es, dass sich nirgends Bestimmungen zum Schutz von Arbeitnehmerinnen finden“, so die Politikerin.
Im Nachhinein dürften über TiSA einmal liberalisierte Dinge nicht mehr re-reglementiert werden (Stillstands- und Sperrklausel). Das sei nicht zuletzt bei neu entstehenden Dienstleistungen – Stichwort: Uber oder Airbnb – problematisch, warnt die Grüne. Prinzipiell würden auch heimische Ankündigungen zu einem Bestbieterprinzip bei Ausschreibungen konterkariert.
Ihren Standpunkt untermauern die Grünen mit einer Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA). „Es gibt überhaupt keinen Hinweis, dass der öffentliche Dienstleistungssektor, so wie wir ihn allgemein verstehen, bei TiSA ausgenommen wäre“, warnte Studienautorin Ingrid Mairhuber im APA-Gespräch.
„Nur Dienstleistungen, die nicht auf kommerzieller Grundlage und nicht im Wettbewerb mit anderen Dienstleistungserbringern erfolgen, sind unter dem Titel ‚Hoheitliche Gewalt‘ ausgenommen“, so die Wissenschafterin. Demnach sei es auch „unklar, ob auch Wasser betroffen sein könnte“. Man kenne die Texte nicht genau, aber: „So wie ich die uns bekannten Texte lese, müsste Österreich eine Ausnahme formulieren. Davon ist uns aber nichts bekannt“, sagte Mairhuber.
Wegen der „weitreichenden Auswirkungen“ durch TiSA wäre es für Vana wichtig, dass Bundesländer, Städte- und Gemeindebund, Sozialpartner und Nicht-Regierungsorganisationen in die Sache eingebunden werden. „Es kann nicht sein, dass die neoliberale Freihandelsagenda einfach so durchgedrückt werden soll.“
Auch solle die Bundesregierung die Ratspräsidentschaft heuer im zweiten Halbjahr dazu nutzen, um die anderen Mitgliedsstaaten von der Wichtigkeit des Schutzes des öffentlichen Dienstleistungssektor bei allen künftigen EU-Freihandelsabkommen zu überzeugen, so Vana.