EU-Mitgliedsstaaten: JEFTA kommt

Demo gegen JEFTA. Innerhalb weniger Tage haben 560.000 Menschen an die SPD appelliert, JEFTA zu stoppen. Vergebens.

Die EU-Staaten haben dem Handelsabkommen mit Japan zugestimmt – obwohl es berechtigte Sorgen über Auswirkungen auf die Wasserversorgung gibt. Was an JEFTA schlecht ist, erläutert Sven Giegold. Und was für Folgen JEFTA für die japanische Landwirtschaft hat, beschreibt die „taz“.

Zuerst der Bericht aus der Tagesschau der ARD:

Deutschland und die anderen EU-Staaten haben dem Abschluss eines neuen Freihandelsabkommens mit Japan zugestimmt. Der Vertrag dafür soll am kommenden Mittwoch bei einem EU-Japan-Gipfel in Brüssel unterzeichnet werden, teilte der Rat der Mitgliedstaaten mit. Die Verhandlungen über das Abkommen waren im vergangenen Dezember abgeschlossen worden. Es soll den bisherigen Planungen zufolge spätestens im Herbst 2019 in Kraft treten.

Größter jemals abgeschlossener Freihandelspakt

Der seit 2013 vorbereitete Freihandelspakt wird der größte sein, den die EU jemals abgeschlossen hat. Er soll Zölle und andere Handelshemmnisse abbauen, um das Wachstum anzukurbeln und neue Jobs zu schaffen. Japan ist nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und damit ein äußerst interessanter Absatzmarkt für europäische Unternehmen. Zusammen zählen die EU und Japan mehr als 600 Millionen Einwohner.

Droht die Privatisierung der Wasserversorgung?

Umwelt- und Verbraucherschützer hatten zuletzt wiederholt dagegen protestiert. Sie befürchten unter anderem, dass über JEFTA – so die inoffizielle Abkürzung – europäische Standards ausgehebelt werden könnten. Zudem warnen sie vor negativen Auswirkungen auf Entwicklungsländer, die unter dem verstärkten Wettbewerb in der neuen Freihandelszone leiden könnten.

Befürchtungen von Verbraucherschützern, dass das Abkommen zum Beispiel zu höheren Trinkwasserpreisen und Zusatzkosten für Entsorgungsdienstleistungen führen könnte, wies die EU heute erneut als unbegründet zurück. „Entgegen anderslautenden Behauptungen führt das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit Japan nicht zu einer Deregulierung und Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen wie der Wasser- und Abwasserversorgung“, erklärte die Kommission.

„Jefta ist schlecht“

In einem Kommentar für die „Frankfurter Rundschau“ erläutert der grüne EU-Parlamentsabgeordnete Sven Giegold, warum er gegen JEFTA ist:

Am gestrigen Freitag endete das stille Zustimmungsverfahren der EU-Mitgliedsstaaten zum Handelsabkommen der Europäischen Union mit Japan (Jefta). Damit haben die EU-Länder durch schweigende Zustimmung dem bisher wirtschaftlich bedeutsamsten EU-Handelsabkommen zugestimmt. Die deutsche Bundesregierung hat damit über 550 000 Unterschriften gegen Jefta überhört. Als „EU-only“-Abkommen dürfen die Parlamente der EU-Länder nicht mehr darüber abstimmen. Das EU-Parlament soll dem Vertrag noch bis Jahresende zustimmen.

Die Regierungen tun so, als hätte es die Kritik an der Intransparenz von TTIP nie gegeben. Es ist zwar gut, dass Europa in Zeiten von Trump weiterhin auf offenen Handel setzt, aber das Japan-Abkommen ist auf dem sozialen und ökologischen Auge blind. Soziale, ökologische und demokratische Standards werden stiefmütterlich behandelt. Während offene Märkte einklagbar sind, können soziale und ökologische Standards nicht rechtlich durchgesetzt werden. Auch die Treibhausgas-Emissionen werden durch Jefta steigen. Das ist das Gegenteil von der überfälligen Umsetzung der Pariser Klimaschutzziele. Die EU-Kommission hat aus der Kritik an Ceta und TTIP nichts gelernt.

Besonders schädlich ist Jefta im Bereich der Wasserversorgung. Das Abkommen befördert die Liberalisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Wasser ist keine Handelsware, sondern ein öffentliches Gut. In einem Handelsvertrag hat Wasser nichts zu suchen. Jefta ist ein Angriff auf das Subsidiaritätsprinzip in Europa. Handelsverträge sollten den Handel erleichtern, dürfen aber nicht in die Daseinsvorsorge eingreifen. Jefta ist unausgewogener als CETA. Das Kanada-Abkommen beinhaltet immerhin einen begrenzten Schutz von Wasser.

Das EU-Parlament wird vor die Frage gestellt, ob es einem unausgewogeneren Abkommen als CETA zustimmen will. Die Sozialdemokraten hatten Ceta zum Goldstandard für zukünftige Handelsverträge erklärt. Wir werden sie bei Jefta beim Wort nehmen. Die europäische Handelspolitik braucht einen Neustart. Handelsabkommen sollten primär bei Zöllen, Zollabwicklungsverfahren und unbedenklichen technischen Standards Erleichterungen bringen. Eingriffe in die Demokratie oder die Missachtung des Subsidiaritätsprinzips müssen verhindert werden.

Giegold ist Mitglied der grünen Fraktion im Europaparlament.

 

 

Die EU profitiert, Japan zahlt

Einer neuen Prognose zufolge werden EU-BäuerInnen wegen des Abkommens mit Japan ihre Produktion steigern. Das geht auf Kosten japanischer Landwirte, schreibt die „taz“.

Viele europäische Bauern werden wegen des Freihandelsabkommens der EU mit Japan (Jefta) mehr produzieren, ihre japanischen Kollegen dagegen weniger. „Im Schweine- und Geflügelfleischsektor dehnt sich nach unseren Modellrechnungen die Produktion um gut 3 Prozent aus, während sie in Japan um knapp 14 Prozent sinkt“, sagte Janine Pelikan, Marktanalytikerin des bundeseigenen Thünen-Forschungsinstituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, am Donnerstag der taz. Diese Zahlen beziehen sich auf die gesamte Schwein- und Geflügelbranche inklusive der Schlachtindustrie.

Die Analysen der Wissenschaftler zeigten zudem, dass die Rohmilchproduktion in Deutschland um etwas weniger als 1 Prozent zunimmt und in Japan um bis zu 3,4 Prozent fällt. „Insgesamt kann die Agrarproduktion der EU durch dieses Abkommen um 0,7 Prozent steigen“, so Pelikan. „Die Produktion in Japan geht bei fast allen Produkten zurück.“ Nur für Weizen gelte das nicht.

Durch Jefta würden sich die EU-Agrarexporte nach Japan hingegen verdoppeln bis nahezu verdreifachen. „Es wird wohl bei keinem Produkt nennenswerte Produktionseinbußen geben“, ergänzte Pelikan. Zwar erlaube das Modell des Thünen-Instituts nicht, nach Schweine- und Geflügelfleisch zu differenzieren. Aber da Japan bislang viel mehr Schweine- als Geflügelfleisch aus der EU importiere, werde wegen Jefta wohl vor allem die Schweineproduktion wachsen.

Solidarität mit japanischen Landwirten

Der Deutsche Bauernverband hat Jefta nicht bemängelt. Die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) bekräftigte nun aber ihre Kritik an Jefta trotz der erwarteten Produktionsausweitung in der EU. „Das heißt noch nicht, dass sich das Einkommen der Bäuerinnen und Bauern auf den Höfen verbessert. Für die Bauern ist es nicht wichtig, dass die Menge steigt, sondern sie brauchen mehr Wertschöpfung. Und das ist nicht automatisch sichergestellt“, sagte AbL-Handelsreferentin Berit Thomsen. Trotz der Exportorientierung der EU-Agrarpolitik würden die Preise für die Bauern immer öfter absacken. Zudem führe sie auch zu Handelsabkommen wie derzeit mit Neuseeland geplant, das wohl mehr Milchimporte von dort bringen würde.

Mehr Produktion tierischer Produkte würde möglicherweise auch dazu führen, dass noch mehr Nährstoffe aus den Exkrementen des Viehs in die Umwelt abgegeben werden und zum Beispiel das Grundwasser belasten, ergänzte Thomsen.

„Außerdem zeigen wir uns solidarisch mit den Bäuerinnen und Bauern in Japan. Die wird diese Exportpolitik treffen. Wir wollen nicht, dass wir hier eine Exportpolitik haben, die dort Strukturen zerstört“, so die AbL-Referentin. Das Land habe auch aufgrund von Jefta bereits begonnen, seinen Milchmarkt zu liberalisieren. „Das wird auch auf die Erzeugerpreise dort drücken. Und Japan hat eine sehr kleinstrukturierte Landwirtschaft, die damit nicht klarkommen wird.“

Vertreter der EU und Japan wollen Jefta am 11. Juli unterzeichnen. Es soll 2019 in Kraft treten und bis 2040 schrittweise umgesetzt werden, so dass die Zölle auf fast alle Produkte wegfallen. Ausnahmen sind bestimmte Agrarprodukte, doch auch hier erleichtert Japan den Handel. So soll die EU künftig keine Importzölle mehr auf Schweinefleisch zahlen müssen und mehr Milch zollfrei nach Japan liefern können. Die EU wird im Agrarbereich nach der Übergangfrist nur noch Zölle auf Obst und Gemüse, Reisprodukte und Produkte von Meeressäugern erheben.