Freihandelsabkommen beschleunigen die Krise der Weltwirtschaft

Foto: Uwe Hiksch, NaturFreunde Deutschland

Immer nur Wachstum, Wachstum, Wachstum und noch mehr Exportüberschüsse: Die Politik der deutschen Regierung beschleunigt nicht nur die Klimaerhitzung, sie verschärft auch die Unterschiede zwischen arm und reich.

Von Uwe Hirsch, Mitglied des Bundesvorstands der NaturFreunde Deutschlands

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist eindeutig: Die Bundesregierung will weiterhin auf die deutliche Steigerung der Exporte aus Deutschland setzen. Sie ignoriert alle Warnungen vor den Folgen einer solchen „Beggar-thy-Neighbour-Politik“ und nimmt die Zerstörung ganzer Volkswirtschaften und Regionen billigend in Kauf. Dafür will die Bundesregierung ein „weltweit wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem“ schaffen und „das Außenwirtschaftsförderinstrumentarium, insbesondere in Bezug auf neue Märkte und mit dem Schwerpunkt Afrika, weiterentwickeln“.

Weiter ist im Koalitionsvertrag das Ziel festgeschrieben, dass die Bundesregierung „die Voraussetzungen dafür schaffen [will], dass das CETA-Abkommen umfassend in Kraft treten kann“. Dabei fordern die Koalitionspartner, dass „in Zeiten der Globalisierung [die] Europäische Union stärker und einheitlicher in der Handelspolitik aufzutreten“ habe. Ziel sei, „moderne bilaterale Freihandelsabkommen mit Drittstaaten insbesondere im asiatisch-pazifischen Raum und Lateinamerika“ abzuschließen und eine weitere „Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen“ voranzubringen.

Ungeregelter Freihandel hat viele VerliererInnen

In der aktuellen Diskussion über Freihandel wird häufig übersehen, dass es viele VerliererInnen eines ungeregelten Freihandels gibt. Die neoliberalen Freihandelsabkommen führen zum Beispiel in Afrika dazu, dass es auf der einen Seite zu „kurzfristige[n] Profite[n] für europäische Konzerne und Beteiligungen für eine kleine afrikanische Elite“ kommt, auf der anderen Seite jedoch als Folge dieser Abkommen zu „steigende[r] Ungleichheit [und] grassierende[r] Armut“.

In Diskussionen über die Ausrichtung der Handelspolitik der ökonomisch starken Staaten darf nicht übersehen werden, dass die vorhandenen langfristigen Außenhandelsungleichgewichte politisch und wirtschaftlich schädlich sind. Längerfristige Außenhandelsüberschüsse einzelner Länder oder Regionen setzen gleichzeitig Außenhandelsdefizite in anderen Ländern oder Regionen voraus. Ökonomisch sind „die Überschüsse des Einen immer auch die Defizite des Anderen“. Durch ständige Defizite entstehen jedoch diesen Ländern zunehmende Probleme, die mittelfristig „auch den Überschussländern und somit der Weltwirtschaft insgesamt auf die Füße“ fallen. Mittelfristig müssen solche andauernden Ungleichgewichte ausgeglichen werden. In einer solchen Situation werden die Defizitländer entweder gezwungen zu sparen und damit „weniger aus[zu]geben und weniger [zu] importieren“ oder diese Länder landen „in einer Überschuldungsfalle gegenüber dem Ausland, die Schuldner wie Gläubiger gleichermaßen in die Bredouille bringt“. Welche dramatischen Folgen solche lang andauernden Ungleichgewichte haben können, sind in der EU anhand der ökonomischen Entwicklung von Staaten wie Griechenland deutlich nachzuvollziehen.

Verschärfung von Ungleichgewichten

Deshalb ist es Aufgabe einer verantwortlichen Wirtschaftspolitik, auf ausgeglichene Außenhandelsbilanzen hinzuarbeiten. Die Bundesregierung hat jedoch im Koalitionsvertrag mit der einseitigen Betonung der Steigerung des Außenhandels eine gegenteilige wirtschaftliche Entwicklung forciert. Sie trägt damit massiv dazu bei, dass sich die ökonomischen Ungleichgewichte im Welthandel weiter verschärfen werden und die krisenhafte Situation der Weltmärkte zunehmen wird.

Mit den neoliberalen Freihandelsabkommen soll diese wirtschaftliche Übermacht der hegemonialen Staaten der EU gefestigt werden. Abkommen wie TTIP, CETA oder JEFTA haben die Aufgaben, wirtschaftliche Vorteile der ökonomisch starken Staaten zu zementieren und Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Regionen auszubauen. Dem Ziel einer nachhaltigen und gerechten Weltwirtschaft werden solche Abkommen nicht gerecht. Deshalb arbeiten die NaturFreunde seit vielen Jahren in Bündnissen mit, die sich gegen diese neoliberalen Freihandelsabkommen einsetzen. Gemeinsam mit Gewerkschaften, anderen Umweltverbänden, globalisierungskritischen Bewegungen und vielen Aktivist*innen engagieren sich die NaturFreunde für ein Ende der heutigen neoliberalen Freihandelspolitik und für eine grundsätzliche Neuausrichtung der Außenhandelspolitik der EU.