CETA: „Unvereinbar mit Klimaschutz“

Trotz heftiger Kritik des früheren Umweltministers Hulot hat die neoliberale Regierung Frankreichs die Ratifizierung des EU-Kanada-Abkommens CETA auf den Weg gebracht. Am 17. Juli soll die  Nationalversammlung darüber entscheiden. Hier ein Bericht der Tageszeitung „Junge Welt“.

Die französische Regierung hat am 3. Juli ein „Billigungsgesetz“ für die Ratifizierung des CETA-Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada verabschiedet und damit den Weg für die Zustimmung des Landes freigemacht. Die absolute Mehrheit der Abgeordneten des Lagers von Präsident Emmanuel Macron soll das Gesetz am 17. Juli in der Nationalversammlung nur noch abnicken.

Nicolas Hulot, Macrons früherer Umweltminister, nannte den Vertrag „unvereinbar mit unseren Anstrengungen zum Klimaschutz“. In einem Interview mit der Pariser Tageszeitung „Le Monde“ kritisierte er Kanadas Umweltpolitik und bezeichnete das Land als den „schlechtesten Schüler der G 20“. Die Unterzeichnung des Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) habe „dieses Kanada gestärkt“ und „die Bemühungen um eine Änderung der europäischen Handelspolitik geschwächt“.

Hulot hatte Macrons Regierung im vergangenen September im Zorn verlassen. Unter dem amtierenden Staatschef, der seit dem Mai 2017 sein streng neoliberales Wirtschafts- und Finanzprogramm im Eiltempo und ohne Rücksicht auf Einwände der Sozialpartner oder der politischen Opposition vorantreibt, habe er „keine Möglichkeit“ mehr gesehen, wirksame Umweltpolitik durchzusetzen. Er habe sich „nicht mehr selbst belügen wollen“, hatte Hulot bei seinem Abschied vor Journalisten bedauert.

Macron selbst ließ wissen, dass der in der Praxis bereits vollzogene „Freihandel“ mit Kanada für eine „sehr positive Bilanz“ gesorgt habe. Der Staatssekretär im französischen Außenministerium, Jean-Baptiste Lemoyne, legte am Mittwoch im Anschluss an die wöchentliche Ministerratssitzung Zahlen vor, die den „positiven Effekt“ des CETA-Abkommens unterstreichen sollen. So setzen Frankreich und Kanada die Vereinbarungen des Vertragswerks im Rahmen der „vorläufigen Anwendung“ ungeachtet der noch ausstehenden Ratifizierung bereits seit zwei Jahren um. In dieser Zeit habe das Land seine Exporte nach Nordamerika um 6,6 Prozent steigern können, sagte Lemoyne. Der Handelsüberschuss gegenüber Kanada sei von 50 auf rund 450 Millionen Euro angewachsen.

Bevor das Abkommen endgültig in Kraft tritt, müssen in der EU insgesamt 38 nationale und regionale Parlamente zustimmen. Frankreich wäre nach Spanien und Großbritannien der dritte Staat, dessen Parlament den Vertrag ratifiziert. Durch diesen sollen für rund 98 Prozent der gehandelten Waren bestehende Zollbestimmungen abgeschafft werden. Darüber hinaus würden Regeln, etwa zu ökologischen Maßnahmen, den Verbraucherschutz oder die öffentliche Auftragsvergabe betreffend, vereinheitlicht werden.

Die politische Opposition und Umweltschutzorganisationen zeigten sich empört über die Freigabe des Vertrags. Bereits am Dienstag abend hatten sie in zahlreichen Städten und Gemeinden gegen die CETA-Vereinbarung und das Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten protestiert. In einem Brief an die Nationalversammlung forderten 72 Vereinigungen – unter ihnen die Gewerkschaft CGT, ATTAC, Greenpeace und Verbraucherverbände – die Abgeordneten auf, den CETA-Vertrag nicht zu ratifizieren. Das Abkommen erlaube den Import von Produkten nach Europa, die die hier vorgegebenen Standards teilweise bei weitem unterschritten.

Auf der politischen Linken teilte der Abgeordnete Adrien Quatennens von „La France insoumise“ am Mittwoch mit Bezug auf das CETA- und das Mercosur-Abkommen mit, Frankreich habe beide Verträge „abzulehnen“. Macron müsse „alles tun“, damit diese nicht ratifiziert werden, „falls er so konsequent wäre in der Umweltpolitik, wie er es ständig behauptet – leider ist er es nicht“.


PS: Über 120.000 BürgerInnen haben mittlerweile einen Aufruf der Stop-TAFTA-Bewegung an das Parlament unterschrieben, der ein Nein zu CETA fordert. Er kann auch von Nicht-FranzösInnen unterzeichnet werden.