Eine Zeit lang sah es so aus, als würde es echte Verbesserungen in der europäischen Handelspolitik geben: mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung, eine Reform der schädlichen Sonderklagerechte für Investoren. Selbst das Klima sollte der Handel künftig schützen, jeder neue Handelsvertrag an die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens gekoppelt sein. Die breiten Proteste, die während der TTIP-Verhandlungen viele Menschen auf die Straße trugen, hatten Wirkung gezeigt.
Doch mittlerweile macht sich Ernüchterung breit: Investorklagerechte gibt es nach wie vor. Am Abkommen Mercosur ist mit Bolsonaros Brasilien auch ein Staat beteiligt, der den Klimaschutz aktiv torpediert. Und in puncto Transparenz erleben wir herbe Rückschritte, vor allem seit dem Amtsantritt des neuen Handelskommissars Phil Hogan. Das zeigt eine neue Studie, die jetzt von LobbyControl vorgelegt wurde.
Hier die Zusammenfassung der Studie:
Vor fast genau einem Jahr, im Juli 2019, reisten wir zum zivilgesellschaftlichen Dialog der EU-Kommission nach Brüssel. Der Anlass: Wenige Monate zuvor hatten die EU mit den USA neue Verhandlungen aufgenommen. Nun wollte die verantwortliche Generaldirektion Handel (DG Trade) die Zivilgesellschaft über den Stand der Gespräche informieren. Offiziell waren die Ambitionen viel bescheidener als noch bei TTIP, das an heftigen zivilgesellschaftlichen Protesten schließlich gescheitert war. Doch spätestens auf der Veranstaltung der DG Trade bestätigte sich, was wir zuvor befürchtet hatten: Regulatorische Kooperation ist ein zentrales Element des geplanten Abkommens mit den USA – und die Pläne gehen weit über das hinaus, was die Verhandlungsmandate eigentlich erlauben.
Details gibt es nur wenige, die Kommission schweigt sich aus und hält die Inhalte der Gespräche weitgehennd unter Verschluss. Ein Rückschritt, denn im Zuge der Proteste gegen TTIP, CETA und andere Abkommen hatte sie eigentlich Verbesserungen versprochen: In Zukunft werde es in der Handelspolitik transparenter und demokratischer zugehen, man wolle die Zivilgesellschaft besser informieren und den ausgeglichenen Austausch mit allen betroffenen Interessen suchen. Für einige Jahre hielt sich die Kommission auch an ihre selbstgesteckten Vorgaben.
Doch bei den neuen Verhandlungen mit den USA bricht die Kommission mit ihrer Transparenzpolice. Auch deshalb halten uns die Gespräche seither ganz schön auf Trab. Wir recherchierten Hintergründe, informierten unsere Kooperationspartner und Unterstützer:innen und trieben die Vernetzung auf europäischer Ebene vorangetrieben. In unserer neuen Veröffentlichung erklären wir jetzt die Hintergründe der Verhandlungen und zeigen die Beweggründe und Akteure hinter regulatorischer Kooperation. Tatsächlich machen vor allem die Lobbys exportstarker Konzerne und Industrien dafür Druck: Denn unterschiedliche technische Vorgaben und hohe Schutzstandards sind für sie bloß ein Hindernis auf dem Weg zur Profitmaximierung.
Die Studie können Sie hier lesen: Risky-Business-in-TTIP-2.0_Juni-2020_LobbyControl