Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021

Daumen hoch: gerechter Welthandel // Daumen quer:  das geht noch gerechter! // Daumen runter: völlig ungerecht!

Am 26.September finden die Bundestagswahlen in Deutschland statt. Die Wahl ist nicht nur von nationaler Bedeutung. Wer in der nächsten Bundesregierung sitzt wird ganz entscheidend Einfluss darauf nehmen können, ob die internationale Handels-, Wirtschafts- und Investitionspolitik so bleibt wie sie ist, nämlich ungerecht, menschen- und klimafeindlich. Oder die Chance ergreift, den Welthandel sozial-gerecht, ökologisch, demokratisch und transparent neu auszurichten.

Um herauszufinden, welche Partei diese Aufgaben am ehesten anpackt und welche Partei auf diese Fragen keine Antworten hat, hat das Netzwerk Gerechter Welthandel den fünf im Bundestag vertretenen Parteien acht unterschiedliche Fragen zur Handelspolitik gestellt. Von CETA, MERCOSUR, der Energiecharta, über TRIPS bis hin zur Transparenz wollten wir alles wissen.

Im Folgenden finden Sie die Antworten und unsere Analysen. Gehen Sie wählen. Stimmen Sie für Aufbruch und Klimaschutz!

So positionieren sich die Parteien zu einer gerechten Handelspolitik:

Die Grünen schreiben viele gute Sachen für einen gerechten Welthandel auf. Bleiben aber in wichtigen Fragen teilweise unklar. So beantworten sie die erste Frage nur in Teilen und äußern sich nicht zur Antikorruptionsklausel. Wie und ob sie die Öffentlichkeit in die Diskussion zu neuen Handelsabkommen einbeziehen möchten, erklären sie nicht. Auch der unklare Kurs bei CETA wird weitergeführt. Sie sehen das Abkommen zwar nicht als „Muster“ für weitere Verträge, haben erhebliche Kritik und wollen es in seiner jetzigen Form nicht ratifizieren. Statt CETA jedoch vollständig abzulehnen, wollen sie es „weiterentwickeln“. Wie das funktionieren soll und was passiert, wenn diese „Weiterentwicklung“ scheitert, lassen sie offen.

Die vollständige Antwort von Bündnis90/Die Grünen: Antwort Grüne

Die Antworten der SPD zeugen häufig von Unkenntnis und bleiben so vage, dass kaum politische Positionierungen auszumachen sind. So wird die erste Frage nach demokratischen, sozialen und ökologischen Mindestanforderungen an Handelsabkommen mit der (unbelegten) Behauptung beantwortet, in den Abkommen der EU würden künftig die ILO Arbeitsnormen, menschenrechtliche und ökologische Standards sowie Streitschlichtungsmechanismen verbindlich verankert. Der Standpunkt der Partei wird nicht dargelegt. Bei den Fragen 4 und 5 zum Energiecharta-Vertrag werden Sonderklagerechte für ausländische Investoren beschönigt als Instrumente zur Herstellung von „Rechtssicherheit“, die für deutsche Investoren nützlich gewesen und nun auch für den Umstieg auf erneuerbare Energien hilfreich seien. Dass diese Instrumente gegen das Recht auf staatliche Regulierung – aktuell gegen den Ausstieg aus fossilen Energien – gerichtet sind, wird nicht reflektiert. Statt über den Ausstieg aus dem ECT wird – trotz fehlgeschlagener Versuche – über dessen Reform nachgedacht. Besonders schlecht informiert gibt sich die SPD bei Frage 6, wo sie bestreitet, dass die CETA-Ausschüsse ohne parlamentarische Beteiligung verbindliche Beschlüsse zu zenralen Vertragsinhalten treffen können (siehe dazu den Aufsatz von Thomas Köller Hier mehr erfahren). Die Frage nach der Haltung der Partei zu Ratifizierung von CETA wird mit dem Hinweis auf noch ausstehende Urteile des Bundesverfassungsgerichts umgangen. Als einzig klare Position ist die Zustimmung zum Aussetzen von Patentrechten zur weltweiten Bekämpfung der Corona-Epidemie (TRIPS-Waver) zu erkennen. Die Antwort zum EU-Mercosur-Abkommen (Frage 8) fällt verhalten aus.

Die vollständige Antwort der SPD: Antwort SPD

Die LINKE positioniert sich größtenteils eindeutig für einen gerechten Welthandel. Lediglich die Frage nach Antikorruptionsklauseln beantwortet sie nicht eindeutig. Sie will sich doch dafür einsetzten, dass diese in zukünftigen Abkommen verankert sind.

Die vollständige Antwort von Die LINKE: Antwort Die Linke

Die FDP will, dass „Deutschland international zum Fürsprecher des regelbasierten Freihandels wird“ und den Abschluss weiterer Freihandels- und Investitionsabkommen vom Typ des CETA-Abkommens vorantreibt.„Regelbasierter Freihandel“, wie er auch von den größten Wirtschaftverbänden der G7- Staaten gefordert wird, basiert auf den Liberalisierungsregeln der WTO, die durch bilaterale Freihandelsabkommen der EU (WTO-plus-Abkommen) weiterentwickelt wurden. Wichtigste Prinzipen sind die Liberalisierung von Kapitalflüssen, Marktöffnung öffentlicher Dienstleistungen, Abbau von nichttarifären Handelshemmnissen im Sinne staatlicher Schutzvorschriften für Mensch und Natur sowie Schutz geistiger Eigentumsrechte für globale Konzerne. Angestrebt wird ein globaler ordnungspolitischer Rahmen zur Absicherung der Liberalisierung, der durch internationale Verträge gewährleistet wird. Das Projekt verbindet sich, wie u.a. das Beispiel CETA zeigt, mit der Einschränkung demokratischer Handlungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene, ohne dass dies auf internationaler Ebene ausgeglichen wird. Zur Stärkung der EU will die FDP künftige Freihandelsabkommen so gestalten, dass nur das EU-Parlament, nicht aber die nationalen Parlamente zustimmen müssen. Auf unsere Fragen geht die Zuschrift der FDP kaum ein. Als einzig konkrete Antworten lassen sich die Hinweise lesen, dass CETA und das EU-Mercosur-Abkommen zügig ratifiziert weden sollen. Die Unterstützung des Pariser Klimaabkommens und der Agenda 2030 bleibt ohne Hinweis auf Sanktionsmechanismen ein Lippenbekenntnis. In Anbetracht der Diagnose der UN- Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD), die die neoliberale Globalisierung der letzten 30 Jahre als wichtigsten Treiber der Klima-, Umwelt- und sozialen Krise ausmacht, überzeugt das Ansinnen der FDP, Klima- und Umweltschutz durch neoliberale marktwirtschaftliche Ansätze in Handelsfragen zu bewältigen, nicht.

Die vollständige Antwort der FDP: Antwort FDP

Die CDU hielt es nicht für nötig, unsere Fragen zu beantworten.

Wir sagen: Keine Antwort ist auch eine Antwort!

Die vollständige Antwort der CDU: Antwort CDU

Anmerkung: Befragt wurden alle Parteien, die bereits im aktuellen Bundestag vertreten sind. Die AfD haben wir von der Befragung ausgeschlossen, da sie Sammelbecken unterschiedlicher Kräfte dient, in dem auch rechtsextreme Personen und Positionen vertreten sind. Zu unserem Selbstverständnis als Netzwerk Gerechter Welthandel gehört jedoch, dass wir jede Form von Rassismus, Rechtspopulismus und natioen Ressentiments entschieden ablehnen.