Wegweisende Urteile des Europäischen Gerichtshofs

CETA_Bundesrat

Für die CETA-Opposition sind das gute Tage. Man könnte auch sagen: Unsere Rechtsauffassungen setzen sich durch. Letzte Woche entschied das Gericht der Europäischen Union (EuG), dass die von einem breiten Bündnis gestartete Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen TTIPO und CETA zulässig war, die EU-Kommission also rechtswidrig entschieden hatte. Eine wichtige Entscheidung für künftige EBIs.

Und am heutigen Dienstag hat der EuGH entschieden, dass das Handelsabkommen mit Singapur ein gemischtes Abkommen ist. Das heißt: Die nationalen Parlamente müssen zustimmen, damit Abkommen wie CETA und TTIP in Kraft treten können. Die EU-Kommission wollte ursprünglich alleine entscheiden, ohne die Mitgliedstaaten zu beteiligen. (Siehe dazu auch den Beitrag im Deutschlandfunk.)

Die EU-Kommission irrte also zweimal, als sie die BürgerInnen bei wichtigen Entscheidungen draußen vor der Tür lassen wollte. Zentral in der Argumentation des Gerichts: Da das Abkommen mit Singapur mehr sei als ein reiner Handelsvertrag, handele es sich um ein sogenannt gemischtes Abkommen, dem die nationalen Parlamente zustimmen müssen. Der EuGH bezog sich in seinem Urteil auch auf die Investitionsschutzklauseln, also die Sonderrechte für internationale Konzerne. Da der Investitionsschutz Bestandteil aller EU-Handelsabkommen ist – sei es mit Japan, Mexiko oder den südamerikanischen Mercosur-Staaten – heißt das: Die nationalen Parlamente werden künftig jedem einzelnen Handelsabkommen zustimmen müssen. Er gibt uns vielfältige Interventionsmöglichkeiten.

Aber können wir CETA noch stoppen? Auch dazu gibt es eine gute Nachricht. Denn ebenfalls heute, Dienstag 16. Mai 2017, hat das Bündnis der „#Volksinitiative Schleswig-Holstein stoppt #CETA“ 25.612 Unterschriften beim Landtag eingereicht. Das ist deutlich mehr als die für eine Volksinitiative erforderlichen 20.000 Unterschriften. Die Vertreter des Bündnisses appellieren an den Landtag, sich für eine Ablehnung des Handelsabkommens CETA im Bundesrat einzusetzen.

Bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen soll das Thema nun auf den Tisch. Wenn im Koalitionsvertrag keine Ablehnung von CETA festgeschrieben wird, wird das Bündnis ein Volksbegehren und den Volksentscheid anstreben. Auch in Nordrhein-Westfalen (NRW) wurden in den vergangenen Wochen Unterschriften für eine ähnliche Volksinitiative gesammelt. Wie viele Unterschriften dort zustande gekommen sind, ist derzeit allerdings noch nicht bekannt.

Sicher hingegen ist, dass die lange Zeit für garantiert gehaltenen Beteiligungen der Anti-CETA-Parteien Grüne und Linke an den Landesregierungen bröckelt. In NRW werden die Grünen künftig nicht mehr an der Regierung sein; dass sie in Schleswig-Holstein nochmals in die Landesregierung kommen, ist höchst unwahrscheinlich. Gut, dass in diesen beiden Ländern Volksinitiativen gestartet wurden!

Dennoch gilt weiterhin: Wir können CETA verhindern! Und zwar gleich mehrfach. Denn insgesamt müssen 38 Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten CETA ratifizieren. Wenn nur ein Parlament CETA ablehnt, kann das Abkommen nicht endgültig in Kraft treten. Hinzu kommt die anstehende Prüfung vor dem Bundesverfassungsgericht.

Wir haben also noch gute Chancen gegen CETA. Diese hier sind besonders erfolgversprechend:

Chance 1: Das Bundesverfassungsgericht

Das Hauptsacheverfahren gegen CETA hat noch gar nicht begonnen. Es kann erst nach Zustimmung von Bundestag und Bundesrat eingeleitet werden. Das Gericht hat schon bei der Verhandlung über die vorläufige Anwendung erkennen lassen, dass unsere Argumente stichhaltig sind. Zudem wird noch eine Verfassungsbeschwerde in Frankreich vorbereitet.

Chance 2: Belgien / Wallonie

Belgien hat seine Zustimmung im Herbst auf Druck der Wallonie an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Der EuGH wird von Belgien angerufen mit der Frage, ob die Schiedsgerichte mit Europarecht vereinbar seien. Die härteste Auflage ist: Solange die Schiedsgerichte in CETA enthalten sind, wird die Wallonie nicht zustimmen.

Chance 3: Österreich

In Österreich wurden bei einem Volksbegehren gegen CETA innerhalb einer Woche 560.000 Unterschriften gesammelt. Die notwendige Hürde liegt bei 100.000 Unterschriften. Leider kommt es nicht automatisch zum Volksentscheid, sondern das Parlament muss einer Abstimmung durch die BürgerInnen zustimmen. Die Allianz gegen CETA ist breit. Das Volksbegehren wurde von SPÖ-Bürgermeistern initiiert, unterstützt von Grünen sowie der FPÖ. Eine seltene Allianz. Der Handelsriese Spar (ähnlich wie Aldi oder Lidl bei uns) rief auf jedem Kassenbeleg gegen CETA auf. Der Druck auf Parlament und Regierung ist immens.

Chance 4: Niederlande-Referendum

In den Niederlanden kann eine Volksabstimmung gegen CETA erzwungen werden, wenn 300.000 Menschen innerhalb von sechs Wochen gegen das Ratifizierungsgesetz unterschreiben. Wir haben schon über 200.000 UnterstützerInnen und ein großes Bündnis zusammen. Das ist eine der besten Chancen, CETA zu kippen. Es gibt auch noch die Möglichkeit, dass in Dänemark, Slowenien oder Irland ein Referendum über CETA stattfindet.

Chance 5: Deutschland

Bundestag und Bundesrat müssen CETA zustimmen. Im Bundesrat braucht es dafür 35 JA-Stimmen von den insgesamt 69 Stimmen. Die freihandelsfreundlichen Parteien CDU/CSU, SPD und FDP haben seit den NRW- und Schleswig-Holstein-Wahlen nur 29 Stimmen. Aktuell sind in allen anderen Bundesländern Grüne oder Linke an der Landesregierung beteiligt. Wenn sie als Koalitionspartner nicht zustimmen wollen, muss sich das Bundesland enthalten und es fehlen die notwendigen JA-Stimmen. Wenn Grüne und Linke standhaft bleiben, hat CETA keine Chance.