Ohrfeige für EU-Kommission

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Am Mittwoch, den 10. Mai, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen TTIP und CETA für zulässig erklärt. Der Entscheid der EU-Kommission, die die EBI im Herbst 2014 nicht akzeptiert hatte, war damit rechtswidrig.

Mit dem Urteilt widerspricht der EuGH der Position der Europäischen Kommission, die sich 2014 geweigert hatte, Stop TTIP offiziell anzuerkennen und bestätigt die Position des Stop TTIP-Bürgerausschusses, der gegen die Kommissionsentscheidung geklagt hatte. „Das Urteil stärkt die EBI als Instrument der partizipativen Demokratie und ist eine schallende Ohrfeige für die EU-Kommission“, sagt Michael Efler, Mitglied im Stop TTIP-Bürgerausschuss und Vorstandsmitglied von Mehr Demokratie.

„Der EuGH bestätigt, dass EBIs auch darauf zielen dürfen, einen Rechtsakt zu verhindern und dass sie sich auch zu laufenden Verhandlungen und nicht nur zu abgeschlossenen internationalen Verträgen äußern dürfen“, erläutert Efler. „Damit hat der EuGH die Strategie der Kommission durchkreuzt, die Bürgerinnen und Bürger bei der Entwicklung internationaler Verträge völlig außen vor zu halten.“

Es sei erfreulich, dass das Urteil ein positives Signal für weitere EBIs aussende, ergänzt Efler. Für die EBI Stop TTIP komme die Entscheidung allerdings viel zu spät. „Die Initiative hat zwei Jahre auf die Entscheidung gewartet. Inzwischen wurde CETA vom Rat der Europäischen Union und vom Parlament ratifiziert – die Bedenken von 3,3 Millionen EU-Bürgern wurden damit de facto übergangen.”

“Es braucht dringend eine klare und kurze Frist, in der der EuGH über eine abgelehnte EBI zu entscheiden hat”, erklärt Efler. Die Gelegenheit zu dieser und weiteren Neuregelungen könnte sich schon bald bieten. Der Vize-Präsident der EU-Kommission Frans Timmermans hat im April angekündigt, die EBI zu einem bürgerfreundlichen und lebendigen Instrument umzugestalten und dafür eine öffentliche Konsultation in Aussicht gestellt. „Die EU-Kommission hat jetzt die Chance zu beweisen, dass sie den Bürgereinfluss auf EU-Ebene tatsächlich stärken will anstatt weiterhin unbequemen Initiativen Steine in den Weg zu legen.”

Zur Erinnerung: Im Sommer 2014 hatten mehrere hundert europäische NGOs und Gewerkschaften eine Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA beantragt. Doch die EU lehnte die Anerkennung mit einer fadenscheinigen Begründung ab: Da über die geplanten TTIP- und CETA-Verträge noch verhandelt werde, dürfe sich der Bürger nicht einmischen. Diese Position hat nun der EuGH kassiert.

Das europaweite Bündnis Stop TTIP hatte damals beschlossen, die EBI selbst zu organisieren. Daraufhin kamen überall in Europa im offiziellen Sammelzeitraum von Anfang Oktober 2014 bis Oktober 2015 insgesamt 3,28 Millionen Unterschriften zusammen; in den folgenden Monaten trudelten weitere 200.000 Unterschriften ein. Das Konstanzer Bündnis sammelte an vielen Infoständen und Aktionstagen rund 3100 Unterschriften (in Papierform, die Online-Unterchriften nicht mitgerechnet).

Für den aktuellen Kampf gegen CETA nützt das EuGH-Urteil nichts. Aber es hilft, sollte TTIP (in welcher Form auch immer) wieder verhandelt werden. Dann dürfte es den KonzernvertreterInnen in der EU-Kommission nicht mehr so leicht fallen, eine EBI zu Fall zu bringen.

Siehe zum Urteil auch den Bericht in der NZZ (Schweiz) und den Artikel in der österreichischen „Kleinen Zeitung“.

Presse-Mitteilung des EuGH zum Urteil: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2017-05/cp170049de.pdf