In den vergangenen Wochen schlossen EU-VertreterInnen die Verhandlungen zum Mercosur-Handelsabkommen ab und unterzeichneten einen Freihandels-Deal mit Vietnam. Dafür ernteten sie Kritik von vielen Seiten. Darüber berichtet die Website des Deutschen Naturschutzrings.
Nachdem RegierungsvertreterInnen der EU-Staaten den Freihandels- und Investitionsschutzabkommen mit Vietnam zustimmten, kam es am 29. Juni in Hanoi zur Unterzeichnung. Das Freihandelsabkommen soll in zehn Jahren 99 Prozent aller Zölle zwischen der EU und Vietnam abgeschafft haben und auch nichttarifäre Handelshemmnisse abbauen. Während für das Freihandelsabkommen eine Zustimmung vom Europäischen Parlament ausreicht, damit es in Kraft treten kann, muss das Investitionsschutzabkommen noch von den Mitgliedstaaten nach deren jeweiligen internen Verfahren ratifiziert werden.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, attac Deutschland, die Naturfreunde und PowerShift hatten zuvor gefordert, die Abkommen abzulehnen. Durch die Unterzeichnung der Verträge akzeptiere die EU, dass die vietnamesische Regierung BürgerInnen unterdrücke, die sich für Menschenrechte und den Umweltschutz einsetzen, erklärten die Verbände in einem Factsheet. Darin fassten sie auch zusammen, wie die Abkommen unterschiedliche Entwicklungsstufen zwischen den beiden Regionen festschreiben und eine Integration Vietnams mit den Ländern der ASEAN-Gruppe verhindern.
Die Abkommen enthalten außerdem Sonderklagerechte für ausländische Investoren – ein weiterer Punkt, der aus Sicht der zivilgesellschaftlichen Organisationen gegen die Verträge spricht. Die häufig in Freihandelsverträgen auftauchenden Investor-Staats-Schiedsgerichte (investor-state-dispute settlement, ISDS) ermöglichen Unternehmen den Zugang zu eigenen Gerichten, vor denen sie gegen nationale Gesetze klagen können. In einem vor kurzem veröffentlichten Bericht stellte Friends of the Earth Europe dar, wie sich solche ISDS-Systeme bereits auf Menschenrechte und Umweltschutz in den betroffenen Staaten ausgewirkt haben. Anhand von zehn Fällen zeigen die BerichterstellerInnen, wie Unternehmen Schiedsgerichte nutzen, um Regierungen zu verklagen, wenn inländische Gerichtsurteile und Gesetze ihre Gewinnaussichten beeinträchtigen.
Mercosur
Ebenfalls Ende Juni beendete die EU auch ihre jahrelangen Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Das „umfangreichste Abkommen, das die EU je geschlossen hat“, so Kommissionspräsident Juncker, soll Zölle in Höhe von vier Milliarden Euro pro Jahr einsparen und besonders die europäische Auto- und Chemikalienindustrie auf dem südamerikanischen Markt stärken. Aus den Mercosur-Staaten importiert werden sollen in Zukunft vermehrt Produkte aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor wie Rindfleisch und Zucker.
Gegen das Abkommen hatte es im Vorfeld starke Proteste aus der Zivilgesellschaft, von Landwirten und aus Teilen der Politik gegeben. 340 Organisationen hatten die EU im Juni aufgefordert, dem Abkommen nicht zuzustimmen, solange der brasilianische Präsident Bolsonaro den Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen nicht nachkommt und die Menschenrechtssituation in seinem Land verbessert (siehe EU-Umweltnews vom 19.6.). Die französische Regierung zweifelt laut einem dpa-Bericht von Dienstag derzeit noch daran, ob sie das Abkommen unterzeichnen wird und knüpft eine Zustimmung an das Klimaschutzabkommen und einen Stop der Entwaldungen im Amazonas-Gebiet.
Sobald die letzten Details des Abkommens geklärt sind, wird die EU-Kommission es den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament vorlegen. Verschiedene Abgeordnete des EU-Parlaments hatten bereits erklärt, dass eine Zustimmung für sie nicht infrage kommt, solange Bolsonaro sich in seinen Handlungen nicht klar zum Klimaabkommen bekennt und sicherstellt, dass die Rechte von Minderheiten in seinem Land geschützt werden. [km]
Pressemitteilung der EU-Kommission zum EU-Vietnam-Handelsabkommen
Bericht zu ISDS von Friends of the Earth Europe