„#Merkel hat uns in der Kritik am Mercosur Abkommen zugestimmt & erklärt es definitiv nicht zu unterschreiben.“ Diesen Satz twitterte Luisa Neubauer am vergangenen Freitag, nachdem sie gemeinsam mit Greta Thunberg und zwei weiteren Klimaaktivistinnen ein vertrauliches Gespräch im Bundeskanzleramt geführt hatte. Die Nachricht sorgte für Aufregung – zu Recht, denn die Bundesregierung gilt als eine der härtesten Verfechterinnen des Abkommens.
So beginnt der neueste Newsletter des Netzwerks Gerechter Welthandel.
Während Österreich das Abkommen im Rat ablehnen will und die Parlamente aus Frankreich, Belgien, Irland und Niederlande deutliche Kritik geübt haben, ließ die Bundesregierung bisher keinerlei Zweifel am Abkommen erkennen. Im Gegenteil, unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres strebt sie „zügige Fortschritte bei der Finalisierung des Abkommens“ an. Im Dreier-Vorsitz mit Slowenien und Portugal will sie sich im nächsten Jahr dann für die Unterzeichnung des Abkommens einsetzen.
Grundsätzlich stehe die Bundesregierung weiterhin „zu Geist und Intentionen dieses großen Freihandelsabkommens“, ließ Regierungssprecher Steffen Seibert am Tag darauf in der Bundespressekonferenz verlauten. Die Kanzlerin habe jedoch „erhebliche Zweifel an der Umsetzung des Abkommens“ und man blicke „mit großer Sorge“ auf Abholzung und Brandrodungen im Amazonas-Gebiet.
Wir begrüßen sehr, dass die Bundesregierung angesichts der Politik Bolsonaros und der Vernichtung des Regenwaldes, die dieses Jahr nochmals um 34 Prozent höher liegt als im Vorjahr, Zweifel am EU-Mercosur-Abkommen erkennen lässt. Klar ist jedoch auch: Zweifel sind nur der erste Schritt, nun muss die Bundesregierung handeln und das Abkommen stoppen!
Denn durch kleine Korrekturen sei das Abkommen „mit all seinen fundamentalen Fehlern“ nicht zu retten, wie Greenpeace gegenüber der Süddeutschen Zeitung äußerte. Und die Deutsche Umwelthilfe forderte auf Twitter: „Wir brauchen keine kritische Prüfung, sondern einen Stopp des Klima- und Arten-Killer Abkommens EU-Mercosur!“
Nun kommt es darauf an, den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen. Fridays for Future ruft für das kommende Wochenende zu weltweiten Amazonas-Aktionstagen auf und protestiert dabei unter anderem gegen das EU-Mercosur-Abkommen.
Auch beim nächsten globalen Klimastreik am 25. September könnte das Thema eine prominente Rolle spielen. Halten Sie sich den Termin frei und streiken Sie gemeinsam mit Fridays For Future für eine Klimapolitik, die diesen Namen verdient, sowie für eine klimafreundliche und gerechte Handelspolitik!
Bitte unterstützen Sie auch folgende Petitionen und Appelle gegen das EU-Mercosur-Abkommen:
- Petition von Greenpeace „Amazonas schützen – Klimakillerdeal stoppen“ act.greenpeace.de/eumercosur
- Appell von Campact „Mercosur stoppen, Amazonas retten!“aktion.campact.de/mercosur/amazonas/teilnehmen
- Appell von WeMove und SumOfUs „Der Regenwald brennt! Handelsabkommen zwischen EU und MERCOSUR stoppen!“ act.wemove.eu/campaigns/nein-zu-mercosur
- Petition von Giovane Élber und Deutsche Umwelthilfe „Keine schmutzigen Deals auf Kosten des Regenwaldes! Stoppen Sie das EU-Mercosur-Abkommen!“ www.change.org/regenwald-brasilien
CETA: Es bewegt sich was
Ende Juli stimmte das zyprische Parlament über CETA ab. Doch statt der erwarteten Zustimmung stimmten 37 Abgeordneten gegen das EU-Kanada-Abkommen, nur 18 Abgeordnete stimmten dafür. Formal ist das Abkommen damit gescheitert! Die zyprische Regierung müsste nun der EU-Kommission förmlich mitteilen, dass die nationale Ratifizierung misslungen ist, und die EU-Kommission müsste das Abkommen beerdigen. Auch die seit September 2017 geltende vorläufige Anwendung von großen Teilen des Abkommens müsste beendet werden.
Doch die zyprische Regierung steht weiterhin zu CETA und hat bereits angekündigt, nachverhandeln zu wollen. Insbesondere will sie einen besseren Schutz von Agrarprodukten wie Halloumi im Abkommen verankern. Dann, so das Kalkül, würde eine Mehrheit der Abgeordneten bei einer erneuten Abstimmung ihren Widerstand aufgeben.
Ob diese Strategie aufgeht, ist fraglich. Die Verhandlungen wurden längst abgeschlossen, das Abkommen wird zu großen Teilen vorläufig angewendet und Kanada sowie 14 EU-Mitgliedstaaten haben ihm bereits vollumfänglich zugestimmt. Möglicherweise könnten die durch CETA eingesetzten Ausschüsse nachträgliche Änderungen am Vertragstext beschließen, sodass Halloumi besser geschützt wird – aber das ist höchst unklar. Unklar ist ebenfalls, ob Kanada, EU-Kommission und die anderen Mitgliedstaaten bereit wären, auf Zyperns Wünsche einzugehen. Die Bundesregierung hat sich dazu ausweichend geäußert: Sie gehe davon aus, „dass die diesbezüglichen innerstaatlichen Konsultationen in Zypern noch nicht abgeschlossen sind“, antwortete sie auf eine Anfrage der Abgeordneten Katharina Dröge. Statt anzuerkennen, dass CETA keine Antwort auf die drängenden aktuellen Fragen biete und nicht mehrheitsfähig sei, fordert die Bundesregierung ein Einknicken der kritischen Stimmen. Das kann nicht sein!
Bei CETA geht es um weit mehr als um Halloumi: Auf dem Spiel steht eine weitere Ausweitung von Konzernmacht durch Sonderklagerechte und undurchsichtige Ausschüsse, die Zunahme des Handels mit klimaschädlichen Produkten sowie die Bedrohung von Verbraucherschutz und bäuerlicher Landwirtschaft. Dies sollte die Bundesregierung endlich zur Kenntnis nehmen und sich stattdessen für eine bessere, zukunftsgerechte Handelspolitik einsetzen.
Auch in Deutschland könnte CETA im Herbst noch in die Schlagzeilen kommen: Am 13. Oktober verhandelt das Bundesverfassungsgericht über eine Organklage, die die Bundestagsfraktion der LINKEN im September 2016 eingereicht hatte. Darin geht es um die Frage, ob die Rechte des Bundestages gegenüber der Bundesregierung ausreichend gewahrt wurden. Es geht bei diesem Termin noch nicht um die politisch viel bedeutsameren Verfassungsbeschwerden, die gegen das Abkommen eingereicht wurden – für diese Verhandlung hat das Bundesverfassungsgericht bisher noch keinen Termin bekannt gegeben.