Greenwashing beim EU-Mercosur-Vertrag

Bei internationalen Handelsverträgen greift die Europäische Union gern zu einem Trick: Kommt – wie fast immer – massive Kritik aus der Zivilgesellschaft, stellt sie eine Zusatzvereinbarung in Aussicht, die alle Mängel beseitigen soll. Das war etwa beim EU-Kanada-Abkommen CETA der Fall. Da stimmten selbst parlamentarische CETA-Skeptiker:innen für den klimafeindlichen Deal, obwohl der erläuternde Beipackzettel noch gar nicht bekannt war – und bis heute nicht ist. Beim ausverhandelten Vertrag mit den Mercosur-Staaten ist jetzt klar, was die Zusätze enthalten: nicht viel.

Im Folgenden eine Mitteilung von attac Österreich:

Zusatzvereinbarung bringt keine Lösung für Klimaprobleme

Neu durchgesickerte Dokumente zeigen, dass die von der EU-Kommission vorgeschlagene Zusatzvereinbarung zum EU-Mercosur-Abkommen nicht dazu beiträgt, Umwelt, Klima und Menschenrechte zu schützen. Die Zusatzvereinbarung offenbart eine starke Diskrepanz zwischen den Klimazielen und Menschenrechtsverpflichtungen der EU und dem, was sie mit dem Abkommen hinter verschlossenen Türen tatsächlich unterstützt.

„Statt echter Veränderungen, wie von der EU-Kommission angekündigt, bietet der EU-Vorschlag der gemeinsamen Zusatzvereinbarung vor allem Lippenbekenntnisse, die die Abholzung von Wäldern, den Klimawandel oder Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen nicht effektiv verhindern oder bekämpfen. Stattdessen fördert das EU-Mercosur-Abkommen noch mehr Güterhandel, der auf der Ausbeutung natürlicher Rohstoffe, der Vertiefung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten und der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen beruht“, sagt Bettina Müller, Handelsexpertin der deutschen NGO PowerShift e.V..

Einhaltung der Klimaziele nicht möglich

Die Punkte zum Thema Klima in der Zusatzvereinbarung sehen keine Durchsetzungsmöglichkeiten vor. Mit Blick auf diese Emissionsreduktionen wird vorgeschlagen, dass sich die Länder an ihren 2019 festgelegten nationalen Beiträgen orientieren sollen. In Brasilien beispielsweise sind die Emissionen in den letzten drei Jahren stark angestiegen und mit dem Abkommen würden durch die Ausdehnung industrieller Landwirtschaft, Transport und Entwaldung noch weitere hinzukommen. Von massiver Reduktion ist unter diesen Umständen nicht zu sprechen.

Dieser Mangel geht Hand in Hand mit schwachen Lippenbekenntnissen beim Thema Entwaldung: weder Europa noch die Mercosurländer halten sich aktuell an ihre Waldschutzziele. Die Zusatzvereinbarung sieht keine Mechanismen vor, um dies effektiv durchzusetzen. Das 1,5-Grad-Limit rückt somit in immer weitere Ferne.

Zusatzprotokoll ohne Transparenz und demokratische Mitsprache

Im Text wird auch behauptet, dass die Zivilgesellschaft ein wichtiger Akteur bei den Verhandlungen über das Abkommen sei und ihre demokratische Beteiligung geschätzt wird. Doch wie bei vielen Abkommen zuvor hat die Öffentlichkeit erst durch ein Leak die Möglichkeit von den Inhalten zu erfahren. Zugleich wurden die Wünsche der Lobbyisten aus der klimaschädlichen Automobil- und Agrarindustrie zu viel berücksichtigt.

„Die geleakte Zusatzvereinbarung zeigt, dass keiner der Kritikpunkte der Zivilgesellschaft ernst genommen wird. Die Vereinbarung kann das grundlegende Problem des Abkommens nicht lösen.  Der vor zwei Tagen vorgestellte IPCC-Bericht zeigt deutlich: Wir brauchen jetzt mehr denn je einen tiefgreifenden sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschafts- und Lebensweise. Das EU-Mercosur-Abkommen verhindert die dringend notwendige Mobilitäts-, Agrar- und Energiewende in Europa und den Mercosur-Staaten. Wir als Zivilgesellschaft in Europa und den Mercosurländern fordern einen sofortigen Stopp dieses Abkommens“, sagt Theresa Kofler von der österreichischen Plattform Anders Handeln.