TTIP: Das unmögliche Versprechen

Können nach dem Greenpeace-Leak PolitikerInnen noch behaupten, dass keine Standards gesenkt werden? Ein Kommentator der Wochenzeitung Zeit ist da skeptisch. 

Das Freihandelsabkommen mit den USA soll den Verbraucherschutz auf keinen Fall schwächen, beteuern die EU-Kommission und die Kanzlerin. Das würde TTIP unmöglich machen.

Seit Monaten hämmert Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sachen TTIP immer wieder einen Satz in die Mikrofone der Welt: „Zu den Tatsachen des Freihandelsabkommens mit den Vereinigten Staaten gehört, dass eben kein Standard, den es heute in der Europäischen Union gibt, abgesenkt wird.“ Durch ständiges Wiederholen soll bestenfalls noch im letzten deutschen Wohnzimmer ankommen: Macht euch keine Sorgen!

Wie unmöglich der Satz mittlerweile scheint, offenbaren nicht zuletzt die von der Umweltschutzorganisation Greenpeace veröffentlichten geheimen Verhandlungspapiere der TTIP-Verhandlungen. Doch schon lange ist klar: Damit Merkels Mantra wahr sein kann, müssten zwei Verbraucherschutz- und auch Rechtssysteme harmonisiert werden, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die spannendste Frage, die deshalb über TTIP schwebt, ist: Was kann überhaupt harmonisiert werden, beziehungsweise was ist verhandelbar? Wenn wirklich alle Bereiche des transatlantischen Handels auf dem TTIP-Tisch liegen würden und zugleich wirklich kein EU-Standard gesenkt würde, müssten die Amerikaner ihr System komplett aufgeben. Weil das aber nicht geschehen wird, müssten zwangsläufig viele Bereiche bei den Verhandlungen schlicht ausgeklammert werden. Denn auch die Europäer haben ihre roten Linien, die sie nicht überschreiten wollen.

(mehr …)

Weiterlesen

„Kontext“: Das Schweigen der Klemmer

Die jüngste Ausgabe der Wochenzeitung Kontext analysiert die Haltung der neuen baden-württembergischen Regierung zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA.

Von Jürgen Lessat

TTIP und CETA – und was sagen Kretschmann & Co. dazu? Sie träumen weiter von transparenten und fairen Verträgen mit den USA. Keiner der Regierungspartner traut sich, das Freihandelsabkommen infrage zu stellen.

Manchmal werden selbst präsidiale Worte zu Schall und Rauch. Eine Erfahrung, die auch dem stets staatsmännisch auftretenden grünen Ministerpräsidenten aus Stuttgart nicht erspart bleibt. Im Januar noch stellte sich Winfried Kretschmann auf den Radolfzeller Naturschutztagen hinter das geplante transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP. Es sei aberwitzig, wenn Baden-Württemberg als eine weltweit bedeutsame und vom Export abhängige Industrieregion ein Freihandelsabkommen mit den USA grundsätzlich ablehne. Statt Hasenfüßigkeit empfahl er Europa ein offensives Vorgehen bei der Ausgestaltung des Vertragswerks. „Ich weiß gar nicht, warum wir da Angst haben müssen: Die USA ist kein großer Bruder von uns. Wie verhandeln mit denen auf Augenhöhe …“, zitiert der Deutschlandfunk den Ministerpräsidenten.

Doch das sagte Kretschmann offenbar, ohne genau zu wissen, worüber er sprach.

(mehr …)

Weiterlesen

Freihandel und Demokratie

Demokratie_Strassenschild

In der Freihandelstheorie ist Demokratie nicht vorgesehen, schreibt Andreas Zielcke von der Süddeutschen Zeitung. Und auch sonst stimmt die Theorie vorne und hinten nicht.

Auf den ersten Blick wirkt die Debatte um das transatlantische Freihandelsabkommen absurd. Ist der universale Güterverkehr nicht längst Selbstverständlichkeit? Seit zwei, drei Jahrzehnten lautet das wirtschaftspolitische Mantra, dass die „Globalisierung“ ein unausweichliches Faktum sei. Weltweiter Kapitalmarkt, transnationale Direktinvestitionen, globale Arbeitsteilung, Handels- und Rohstoffkreisläufe. Wie kann man da noch streiten über die Berechtigung von Freihandel?

Nicht zuletzt die EU funktioniert als Freihandelszone. Wenn jetzt auch der ohnehin schon so dichte Austausch von Gütern und Kapital zwischen Europa und Amerika vertragsförmig perfektioniert werden soll, sieht das ganz nach historischer und wirtschaftspolitischer Folgerichtigkeit aus.

Tatsächlich gibt es diese Folgerichtigkeit nicht. Nichts natürlich gegen regen internationalen Warenaustausch. Doch die Grundthese der Befürworter des Freihandels, dass Länder stets von ihm profitieren können, stimmt nicht.

(mehr …)

Weiterlesen

Neue TTIP-Dokumente: Wie wir getäuscht werden

Allmählich wird die Luft für die EU-Kommission (und Sigmar Gabriel) ziemlich dünn. Denn die Greenpeace-Leaks zeigen: Das, was wir seit langem sagen, stimmt. Und wer bisher behauptete, dass unsere Standards nicht angetastet werden, hat gelogen.

In ihrer Ausgabe von Montag, 2. Mai, beschreibt die Süddeutsche Zeitung in mehreren Beiträgen die Ziele der US-Regierung, die Vertuschungsversuche der EU-Kommission und was auf uns alles zukommen könnte.

TTIP – Amerika macht Druck wie nie

  • Europas Autohersteller hoffen auf TTIP. Die US-Seite nutzt das, um die europäischen Unterhändler beim Thema Landwirtschaft unter Druck zu setzen.
  • US-Konzerne hoffen, künftig mehr Produkte nach Europa verkaufen zu können – darunter auch genmanipulierte Waren.

Von Alexander Hagelüken und Alexander Mühlauer, Brüssel

Der schwäbische EU-Parlamentarier Markus Ferber sitzt am Brüsseler Flughafen, wo die Wartezeiten seit den Terroranschlägen im März lang geworden sind. Ferber stöhnt über die Verzögerung. Bei dem Verkehrsmittel, über das er gerade so engagiert am Mobiltelefon redet, handelt es sich aber nicht um Flugzeuge. Der CSU-Mann spricht über Autos. Pkw und Autoteile sind für den Handel mit den USA enorm wichtig. Die EU-Hersteller exportierten 2015 eine Million Autos. Auf die Branche entfällt ein sattes Viertel aller Güterexporte in die Vereinigten Staaten.

Deshalb setzt Ferber genau wie die europäischen Hersteller in diesem Bereich große Hoffnungen in TTIP. Die EU-Kommission rechnet vor: Fallen durch das Abkommen Zölle auf Autos oder Laster und zusätzlich ein Viertel der übrigen Handelshemmnisse für die Branche weg, können die Hersteller in den nächsten zehn Jahren 150 Prozent mehr exportieren. Das ist die Art positiver Effekte, die US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel meinten, als sie auf der Hannover-Messe von TTIP schwärmten – und einen Abschluss in diesem Jahr anpeilten. Die Frage ist, was von diesen Träumen übrig bleibt.

(mehr …)

Weiterlesen

Greenpeace: USA drängen Europa zur Gentechnik

Die US-Regierung will durch das TTIP-Abkommen neue Gentechnik-Verfahren von strengen EU-Regeln ausnehmen und übt offenbar starken Druck auf die EU-Kommission aus. Das belegen bislang geheime Dokumente, die Greenpeace nun veröffentlichte.

25.04.2016 – Während US-Präsident Barack Obama am Wochenende auf der weltweit größten Industriemesse in Hannover für das TTIP-Abkommen wirbt, lehnen immer mehr Amerikaner und Deutsche das Abkommen ab. Einer neuen Umfrage der Bertelsmann Stiftung zufolge, ist nur noch jeder fünfte Deutsche davon überzeugt, dass das Freihandelsabkommen eine gute Sache ist. Und das offenbar mit gutem Recht. Denn wie nun die Organisationen Greenpeace, Corporate Europe Observatory und Genewatch an die Öffentlichkeit brachten, drängen die USA Europa zur Einführung neuer gentechnischer Verfahren für die Veränderung von Pflanzen.

(mehr …)

Weiterlesen

Bausteine für eine gute Handelspolitik

Immer nur dagegen sein, reicht nicht. Wir kämpfen seit langem gegen die kapitalfreundlichen, entdemokratisierenden Handelsabkommen TTIP, CETA und TiSA. Aber wie könnte eine faire, solidarische, soziale und nachhaltige Handelspolitik aussehen? Hat da irgendjemand eine Vorstellung?

Alternatives HandelsmandatIdeen gibt es jedenfalls: Viele Aspekte wurden während eines langen Diskussionsprozesses von zahlreichen Initiativen, Gruppierungen, Verbänden und Organisationen in einem „Alternativen Handelsmandat“ gebündelt. An diesem Donnerstag referiert Johannes Lauterbach über die guten Ansätze. 28. April, 19.30 Uhr, VHS Konstanz, Katzgasse 7, Eintritt: 6,50 Euro

Die Kurzfassung des Vorschlags finden Sie hier: Kurzfassung_ Alternatives Handelsmandat

Weiterlesen

Vernichtendes TTIP-Gutachten

Britisches Gutachten: Vernichtendes Urteil über TTIP

Deutsche Wirtschafts Nachrichten  |  Veröffentlicht: 26.04.16 00:49 Uhr

Die renommierte London School of Economics kommt in einem Gutachten zu einem vernichtenden Urteil über TTIP: Das Abkommen berge viele Risiken und keinen Nutzen. Pikant: Das Gutachten war von der Regierung in Auftrag gegeben worden. Es verschwand jedoch in der Schublade. Stattdessen warb Premier Cameron bei den Briten für das Abkommen.

Die TTIP-Gegner von „Global Justice Now“ haben unter dem Freedom of Information Act in Großbritannien die Veröffentlichung des einzigen Gutachtens erzwungen, welches die Regierung über die Wirkung von TTIP in Auftrag gegeben hatte. Das Ergebnis dürfte Premier David Cameron in arge Bedrängnis bringen und könnte auch Einfluss auf die EU-Abstimmung haben. Denn die London School of Economics (LSE) kommt in dem bereits 2013 verfassten Gutachten zu einem vernichtenden Urteil: Das TTIP werde Großbritannien keinen Nutzen bringen, berge aber erhebliche Risiken und dürfte den britischen Steuerzahlern ebenso erheblich Kosten auferlegen.

(mehr …)

Weiterlesen

TTIP: Wie mit Fakten hantiert wird

Am Wochenende haben Barack Obama und Angela Merkel wieder einmal beteuert, dass mit TTIP natürlich keine Standards abgesenkt würden – im Gegenteil. Aber ist das so? Und wer definiert die Standards? Und so hat der Deutschlandfunk ein Feature wiederholt, das 2015 schon einmal ausgestrahlt wurde.

 

Über Forscher, Wissenschaft und Freihandel

Wie TTIP mit Fakten hantiert

TTIP soll das größte Handelsabkommen aller Zeiten werden. Die Beteiligten versprechen: Europäische Standards bleiben unangetastet, Grenzwerte für Giftstoffe werden wissenschaftlich solide ermittelt. Doch was bedeutet das in der Praxis? Schon jetzt gibt es in diesem Bereich ein Kräftemessen um die wissenschaftliche Meinungshoheit.

Von Peter Kreysler, Deutschlandfunk

Angela Merkel: „Und das ist die erste Botschaft: Das, was von der Europäischen Union an Standards vereinbart ist, das wird nicht abgesenkt. Das ist die Voraussetzung für das Verhandlungsmandat.“

Alle hohen europäischen Schutzbestimmungen bleiben erhalten. Das höre ich immer wieder, wenn vom Transatlantischen Freihandelsabkommen die Rede ist. Ich höre auch, dass Entscheidungen künftig auf dem soliden Fundament der Wissenschaft gründen sollen.

„Also Zulassungsverfahren müssen da wissenschaftlich basiert sein …“ Alles erfreuliche Botschaften. Warum sollte ich mich also fürchten?

„Also das liest sich harmlos, hat aber eine hohe, hohe Sprengkraft, wenn man die europäischen Regeln aushebeln will, kann man das über diesen Ansatz natürlich am besten machen.“

Schon jetzt im Frühling legt sich die erste schwere feuchte Wärme über die Stadt und kündigt die Hitze des Sommers an. Der junge Umweltanwalt Baskut O. Tuncak kommt heute ganz entspannt mit kurzen Hosen und T-Shirt ins Büro. Er arbeitet für das Center for International Environmental Law CIEL in Washington D.C. nicht weit vom US-Kongress und beobachtet genau, welche Kräfte in der Gestaltung und Umsetzung von Gesetzen wirken; wie Lobbyisten, Politiker, die Medien, aber auch wissenschaftliche Institutionen mit Gutachten und Einschätzungen ihren Einfluss entfalten. Ich bin nach Washington gekommen, um Antworten zu finden zu den Widersprüchen im Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP.

(mehr …)

Weiterlesen

Schwere Zeiten für CETA und TTIP

Ein optimistischer SPD-Chef, ein vorsichtiger SPD-Abgeordneter, undemokratische Pläne und immer mehr Widerstand gegen CETA: Bei den Freihandelsabkommen ist vieles in Bewegung geraten.

Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel nimmt den Mund mal wieder ziemlich voll. Er sei sich sicher, dass seine Partei dem Freihandelsabkommen CETA mit Kanada zustimmen werde. „Ich bin sicher, dass wir eine Mehrheit bekommen. Das ist einfach ein gutes Abkommen“, sagte Gabriel nach einem Treffen mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland am vergangenen Donnerstag in Berlin.

Der überarbeitete CETA-Vertrag, so heißt es in einem Beitrag des Online-Magazins Telepolis, sei eine „exzellente Messlatte“ für das umfassendere EU-USA-Abkommen TTIP. Nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung hat die EU-Kommission die privaten Schiedsgerichte (ISDS), vor denen Konzerne Staaten verklagen können, durch Handelsgerichtshöfe ersetzt (die aber am System nichts ändern, wie vielfach kritisiert wurde). „Darunter geht nix. Ich könnte mir jedenfalls nicht vorstellen, einem Abkommen wie TTIP zuzustimmen, ohne dass wir mindestens den Standard einhalten, den wir mit Kanada erreicht haben.“ Bei der Reform habe man viel durchgesetzt und gleichzeitig eine hohe Messlatte für TTIP gelegt, so Sigmar Gabriel.

(mehr …)

Weiterlesen