Max Otte: „Lohn- und Sozialdumping wird Tor und Tür geöffnet“

Das 3sat-Programm „Makro“ sendete am vergangenen Freitag dieses aufschlussreiche Interview:

„Völlige Entmachtung der Politik“

Das Freihandelsabkommen TTIP gilt als Symbol des ungezügelten Kapitalismus. makro-Moderatorin Eva Schmidt sprach mit Ökonom Max Otte darüber, ob die Ängste tatsächlich berechtigt sind.

makro: Bundeskanzlerin Merkel unterstützt TTIP, wie sie sagt, weil es nicht allein ein wirtschaftlich motiviertes Abkommen sei, sondern sich erstmals die Chance ergebe, europäische Werte wie Menschen- und Verbraucherrechte international zu verankern. Teilen Sie die Haltung der Kanzlerin?

Max Otte: Überhaupt nicht! Das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir europäische Werte vertreten würden, müssten wir konsequent die Manager von Google, Microsoft, Apple und Facebook verhaften, wenn diese mal in Europa sind – genauso, wie die Amerikaner Schweizer Bankmanager verhaftet haben. All diese Unternehmen brechen europäische Datenschutzbestimmungen.

Mit TTIP wird die Waffenungleichheit noch viel größer. Es geht darum, wer die Spielregeln macht. Dadurch, dass Normen und Standards gegenseitig anerkannt werden, werden sich die in den meisten Fällen niedrigeren amerikanischen Standards durchsetzen. Einer sehr geschlossen agierenden amerikanischen Handelspolitik hat ein zersplittertes Europa dann nichts mehr entgegenzusetzen.

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Freie Fahrt für Abzocker: So wirkt CETA

Das geplante Handelsabkommen „Comprehensive Economic Trade Agreement“ (CETA) zwischen der Kanada und der EU-Kommission sieht eine Schiedsgerichtsbarkeit vor, die Konzerne anrufen können, um Staaten zu verklagen. Was dabei herauskommt, zeigt ein Video aus der TV-Sendung Frontal 21 (ZDF). Der kanadische Bergbaukonzern Gabriel Resources klagt am Schiedsgericht ICSID (International Centre for Settlement of Investment Disputes) bei der Weltbank gegen das Land Rumänien, das in den 90er Jahren ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet hat. Ein sehenswertes Video.

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Sachverständigenrat Umwelt warnt vor TTIP und CETA

Die Meldung ist zwar etwas älter, bleibt aber wichtig: Wie die Wochenzeitung Zeit Ende Februar 2016 berichtete, machen sich auch Regierungsberater Sorgen. 

Warnung vor einem transatlantischen Markt ohne Staat

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen äußert schwere Bedenken gegen TTIP: Er fürchtet Demokratieverlust und sieht den Verbraucherschutz in Gefahr.

Von Fritz Vorholz

In der Schlacht um die öffentliche Meinung zum Handelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA wird die Luft für Brüssel und die EU-Mitgliedsstaaten immer dünner. Laut Eurobarometer, der regelmäßigen Meinungserforschung im Auftrag der EU-Kommission, unterstützt zwar immer noch eine Mehrheit von 53 Prozent das geplante Freihandels- und Investitionsabkommen. Aber der Anteil der Skeptiker wächst. Fast jeder dritte Europäer ist laut der jüngsten Zahlen vom vergangenen Herbst dagegen. In Österreich lehnen das Abkommen 70 Prozent ab, in Deutschland immerhin 59 Prozent.

Nun dürften die Gegner sich bestätigt sehen. Denn der Sachverständigenrat für Umweltfragen, ein Beratungsgremium der Bundesregierung, äußert schwere Bedenken. In einer aktuellen Stellungnahme warnt das Professorengremium vor Demokratieverlusten, fordert die „Wahrung von Gemeinwohlinteressen“ und mahnt die Verhandlungspartner zu weniger Selbstherrlichkeit. Öffentlich geäußerte Bedenken sollten sie „nicht leichtfertig übergehen, sondern aufgreifen“, heißt es in der 60-seitigen Expertise.

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CETA: An den nationalen Parlamenten vorbei

Der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange, Vorsitzender der Handelsausschusses, bestätigt: Die 28 EU-Parlamente werden zu Ceta nicht befragt. Außerdem tritt das Abkommen bald in Kraft. Das Interview erschien in der Tageszeitung taz.

taz: Herr Lange, Ceta soll vorläufig in Kraft treten, ohne dass die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten über das Freihandelsabkommen mit Kanada abgestimmt haben. Nun ist die Aufregung groß. Wird der Bundestag entmachtet?

Bernd Lange: Jetzt muss ich etwas grundsätzlicher werden.

Okay.

Zum einen hat die EU die Handelspolitik mit dem Lissabon-Vertrag 2009 vergemeinschaftet: Es macht ja wenig Sinn, dass Luxemburg allein globale Handelsverträge abschließt. Artikel 207 regelt genau, was und wie es läuft. Das Europäische Parlament stimmt danach mit ab.

Das reicht vielen auch in Ihrer Partei nicht.

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„taz“: CETA vorläufig ohne Demokratie

Unsere Befürchtungen scheinen sich zu bestätigen: CETA wird möglicherweise sofort umgesetzt, die nationalen Parlamente haben nichts zu sagen. Das besagt ein Artikel in der Tageszeitung „taz“.

 

Das umstrittene Abkommen von EU und Kanada soll ohne Zustimmung des Bundestags in Kraft treten. Kritiker werfen Gabriel Wortbruch vor.

Von Malte Kreuzfeldt, taz

BERLIN taz | Das zwischen der EU und Kanada geplante Freihandelsabkommen Ceta soll in Kraft treten, ohne dass der Deutsche Bundestag darüber abstimmt. Kritiker des Abkommens sehen darin einen Wortbruch von SPD-Chef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Zudem gibt es Zweifel, ob das geplante Vorgehen rechtlich zulässig ist.

Gabriel hatte in der Vergangenheit stets betont, dass das Abkommen nur in Kraft treten dürfe, wenn die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten ihm zustimmen. Doch danach sieht es nicht aus. Zum einen ist noch unklar, ob Ceta von der EU überhaupt als gemischtes Abkommen betrachtet wird, das auch Themen behandelt, die im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten liegen; nur dann werden die nationalen Parlamente beteiligt. Zum anderen wird das Abkommen selbst in diesem Fall in Kraft treten, bevor der Bundestag darüber abgestimmt hat.

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Schweiz will TTIP übernehmen

In ihrer Ausgabe vom 24. März schreibt die Schweizer Wochenzeitung WOZ, dass der Bundesrat bereits in Brüssel sondiert – und nachgefragt hat, ob auch Drittstaaten dem geplanten TTIP-Abkommen beitreten dürfen. 

«Gute Freunde», ganz unter sich

Bei den Verhandlungen über das Dienstleistungsabkommen Tisa bleibt die Zivilgesellschaft aussen vor.

Von Jan Jirát

In Genf finden seit vier Jahren die Verhandlungen über das Dienstleistungsabkommen Tisa (Trade in Services Agreement) statt. Eine Gruppe von fünfzig Staaten – darunter die Schweiz –, die sich selbst «sehr gute Freunde von Dienstleistungen» nennen, verhandeln dabei neue Rahmenbedingungen im globalen Handel. Es geht um das Gesundheitswesen, die Telekommunikation, die Energieversorgung, das Bildungswesen – um fast alles, was wir zum Leben brauchen.

Dass diese «guten Freunde» fast nur reiche Industrieländer sind, ist kein Zufall. Denn es sind die Entwicklungs- und Schwellenländer, die bei den stockenden Verhandlungen innerhalb der Welthandelsorganisation einem weiteren Liberalisierungskurs im Dienstleistungssektor kritisch gegenüberstehen. Tisa ist also zunächst einmal eine Umgehungsautobahn der reichen Länder, um Handelshemmnisse abzubauen und Marktzugänge zu deregulieren.

Bisher zu wenig Druck

Doch sind die Entwicklungs- und Schwellenländer nicht die einzigen Abwesenden an den Verhandlungen. Auch die Zivilgesellschaft ist bisher weitgehend davon ausgeschlossen. Die beteiligten AkteurInnen – für die Schweiz ist das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) federführend dabei – informieren nur lückenhaft. Diese Intransparenz ist demokratiepolitisch stossend. Die Zivilgesellschaft erzeugte bisher schlicht zu wenig Druck, um das zu ändern.

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EILT! Für Hannover-Demo anmelden!

 

 

hannover960

Am 24. April treffen sich US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel in Hannover. Thema unter anderen: Die Handelsabkommen TTIP und CETA. Dagegen werden Zigtausende am 23. April demonstrieren. Wir vom Konstanzer Bündnis bemühen uns um Mitfahrgelegenheiten. Wer fährt mit?

Ganz einfach ist die Anreise freilich nicht. Eine Zugfahrt kommt kaum in Frage: Die Bahn hat ausgerechnet ab 23. April die Strecke Kassel-Hannover gesperrt. Und ob ein Bus, organisiert von attac Lindau, zustande kommt und auch am westlichen Bodensee Halt macht, wissen wir noch nicht.

Dennoch wären wir für Anmeldungen dankbar, um definitive Entscheidungen treffen zu können. Bitte eine kurze Mail mit Adresse und Telefonnummer an: winter.konstanz@web.de

Die Details der Reise geben wir bekannt, sobald wir Näheres wissen.

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Gültig auch ohne Ratifizierung

Die vorläufige Anwendung europäischer Handelsabkommen und die ermordeten Gewerkschafter Kolumbiens

Von Thomas Fritz

29. Februar 2016

Demokraten können es meist kaum glauben, aber es ist wahr: EU-Handelsabkommen können vorläufig angewendet werden, auch wenn eine erforderliche Ratifizierung durch die EU-Mitgliedstaaten noch gar nicht abgeschlossen ist.

Sollte etwa das anstehende EU-Handelsabkommen mit Kanada (CETA) als gemischtes Abkommen eingestuft werden, was dann neben der Zustimmung des Europäischen Rats und des Europäischen Parlaments auch eine Ratifizierung in allen EU-Mitgliedstaaten erforderlich machen würde, kann es dennoch vor Abschluss der nationalen Ratifizierungen vorläufig angewendet werden.

Denn der EU-Rat hat die Möglichkeit, zusätzlich zur Unterzeichung des Abkommens auch einen Beschluss über dessen vorläufige Anwendung zu treffen. Übliche Praxis ist es dabei heute, zuvor noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments abzuwarten, obwohl dies nach EU-Recht nicht nötig wäre. Stimmen schließlich auch die Vertragspartner der vorläufigen Anwendung zu, entstehen völkerrechtlich bindende Verpflichtungen bereits vor dem endgültigen Inkrafttreten des Abkommens.

Das kann weitreichende Folgen haben: Im Fall von CETA etwa könnten Investoren EU-Mitgliedstaaten vor die geplanten Schiedstribunale zerren, selbst wenn die Parlamente der betroffenen Staaten dem Abkommen mitsamt seinen Tribunalen noch gar nicht zugestimmt haben.

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Rat weg, Funktion bleibt.

TTIP-Leak zur regulatorischen Zusammenarbeit: Die Mogelpackung der EU-Kommission

Von Max Bank, Lobbycontrol

Die frisch geleakte EU-Verhandlungsposition zu regulatorischer Zusammenarbeit zeigt: Die EU-Kommission ist durchaus empfindlich für unsere Kritik und für den öffentlichen Druck von Bürgerinnen und Bürgern. Doch bedauerlicherweise reagiert sie mit einem Täuschungsversuch – ähnlich wie beim Thema Schiedsgerichte. Einer kosmetischen Korrektur zum Trotz sollen Unternehmenslobbyisten und US-Behörden weiterhin privilegierten Zugriff auf die EU-Gesetzgebung bekommen.

Das Bild zeigt das Titelbild unserer Studie "Ein gefährliches regulatorisches Duett." Klicken Sie auf das Bild und erfahren Sie mehr.

Scheinbares Aus für machtvolles Gremium…

Der umstrittene, machtvolle „Rat für regulatorische Zusammenarbeit“, der die Harmonisierung der Gesetzgebung zwischen USA und EU koordinieren sollte, taucht in der neuen EU-Verhandlungsposition nicht mehr auf. Der entsprechende Artikel 14 wurde gestrichen. Hier reagiert die EU-Kommission offensichtlich auf die zunehmende öffentliche Kritik.

Unser Erklärvideo fasst die wichtigsten Punkte der alten Verhandlungsposition in 2 Minuten zusammen.

…doch dessen Funktionen bleiben – eine Mogelpackung

Mit dem Gremium entfallen jedoch keineswegs auch die Funktionen, die es ursprünglich ausüben sollte. Im Gegenteil: Diese bleiben allesamt erhalten. Die Kommission fordert weiterhin eine „Koordinierung“ der regulatorischen Zusammenarbeit – und auch die „frühestmögliche“ Einbeziehung von Lobbyisten in die Gesetzgebung. Es handelt sich also um eine Mogelpackung: Die regulatorische Zusammenarbeit soll es weiterhin geben, bloß nicht mehr koordiniert durch ein Gremium namens „Rat“.

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Mehrheit der Klein- und mittelständischen Unternehmen gegen TTIP

Hier veröffentlichen wir ausnahmsweise mal die Pressemitteilung eines Unternehmerverbands. Denn die Untersuchung des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) ist außerordentlich aufschlussreich:

 

Umfrage: Deutsche KMU-Unternehmer fordern Änderungen beim Freihandelsabkommen

Berlin – Der deutsche Mittelstand fordert Änderungen beim geplanten TTIP-Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA. Eine deutliche Mehrheit der befragten Unternehmen erwartet gegenwärtig negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Das ergibt eine repräsentative Mitgliederbefragung des Forschungsinstituts Prognos für den Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und die Schöpflin Stiftung.

„Wir stehen zu TTIP, aber nicht um jeden Preis. TTIP muss dem deutschen Mittelstand dienen – und nicht nur den Interessen einiger weniger Großkonzerne“, betonte BVMW-Präsident Mario Ohoven. Berlin und Brüssel müssten zudem endlich Transparenz bei den Verhandlungsdokumenten schaffen. Der Mittelstandspräsident warnte vor einer Schieflage im transatlantischen Handel. Die US-Regierung könne, anders als Brüssel, technische Standards nicht für allgemein verbindlich erklären. „Es droht eine Einbahnstraße, die es US-Firmen erlaubt, in der EU Produkte nach US-Standard zu verkaufen, ohne dass umgekehrt EU-Firmen in den USA Produkte nach EU-Standard anbieten können.“

„Als Stiftung“, so Hans Schöpflin, „wollen wir durch wissenschaftlich fundierte Argumente die Debatte um TTIP, CETA und Co. versachlichen. Damit kommen auch die kleinen und mittleren Unternehmen zu Wort, die 99 Prozent aller Unternehmen bei uns ausmachen.“ Der Stifter und Unternehmer betont die Relevanz von Transparenz und Ausgewogenheit der Verhandlungen. Der Mittelstand scheue keinesfalls zusätzliche Konkurrenz, vielmehr fürchte er einen unfairen Wettbewerb durch Regelungen zugunsten großer Konzerne. „Wir dürfen nicht zulassen, dass durch TTIP und CETA, die allein der Gewinnmaximierung großer Konzerne dienen, kleinere Unternehmen in ganz Europa unter Druck geraten.“

Das Forschungsinstitut Prognos hatte im Auftrag des BVMW und der Schöpflin Stiftung 800 kleine und mittelständische BVMW-Unternehmen zu TTIP befragt – mit klarem Ergebnis: Demnach erwarten 62 Prozent der befragten Firmen „eher negative“ oder „sehr negative“ Auswirkungen durch das geplante Abkommen. Nur 22 Prozent sehen positive Effekte. Der deutsche Mittelstand erhofft sich zudem kaum Vorteile für das eigene Geschäft. Von TTIP würden bislang vor allem große Unternehmen profitieren.

 

PS 1:  Hier finden Sie das Ergebnis der Prognos-Studie.

PS 2: Sehr viel klarer positioniert sich die Initiative KMUs gegen TTIP: KMU-gegen-TTIP-Webseite. Bisher haben bundesweit über 23o0 Firmen ihren Aufruf unterschrieben.

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